Artenschutz in der Fernstraßenplanung

In Fällen unterschiedlich laufender Auslegungsfristen im Sinne des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG steht es einer anerkannten Naturschutzvereinigung frei, die ausgelegten Unterlagen in der Gemeinde einzusehen, die sie zuerst auslegt, und für die Abgabe der Einwendung die zuletzt auslaufende Frist zu nutzen.

Artenschutz in der Fernstraßenplanung

Der durch einen sogenannten „Ökostern“ im Bedarfsplan für die Bundesautobahn kenntlich gemachte besondere naturschutzfachliche Planungsauftrag bedeutet nicht mehr als einen Hinweis des bedarfsfeststellenden Gesetzgebers an die weiteren Ebenen der Planung, dass bei den gekennzeichneten Vorhaben eine erhöhte naturschutzfachliche Problematik besteht, die jedoch im Rahmen der normalen Vorhabenplanung abzuarbeiten ist.

Einer genauen zeitlichen Festlegung des Umsetzungszeitpunkts für artenschutzrechtliche Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen im Planfeststellungsbeschluss bedarf es dann nicht, wenn auf andere Weise die vollständige Umsetzung und Funktionalität der Maßnahmen vor dem Eingriff sichergestellt ist.

Die Frist, um Einwendungen gegen den Plan zu erheben, endet zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 17a Nr. 3 FStrG i.V.m. § 73 Abs. 4 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg). Sie wird nur in Lauf gesetzt, wenn auf die Rechtsfolgen der Fristversäumnis in der Bekanntmachung der Auslegung hingewiesen wird (§ 17a Nr. 7 FStrG). Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 VerkPBG, § 73 Abs. 1 und 5 Satz 1 VwVfG ist die Auslegung des Plans von den Gemeinden bekanntzugeben, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt. Welche Auslegung für den Fristbeginn maßgeblich ist, wenn sich das Vorhaben auf das Gebiet mehrerer Gemeinden auswirkt und es – wie hier – in den betroffenen Gemeinden zu zeitlich abweichenden Auslegungen kommt, ist gesetzlich nicht geregelt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit der Begründung, dass sich die Bekanntmachung nach § 73 Abs. 5 Satz 1 und 3 VwVfG bzw. § 3 Abs. 2 Satz 2 VerkPBG an die ortsansässigen Betroffenen richtet und für diese die Anstoßwirkung der Auslegung der Planunterlagen erreicht werden soll, entschieden, dass in Fällen abweichender Fristen die Auslegungsfrist im Sinne des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG gerade die konkrete Frist ist, die in der jeweiligen Gemeinde, in der der Betroffene ortsansässig ist oder in der sein Grundstück liegt, vorgesehen ist und durch Bekanntmachung ausgelöst wird. Ob in anderen Gemeinden eine zeitlich abweichende Bekanntmachung vorgenommen wurde, ist danach unerheblich[1].

Diese Überlegungen lassen sich entgegen der vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss vertretenen Auffassung nicht auf Verbandsklagen anerkannter Naturschutzvereinigungen übertragen. Die Annahme der Planfeststellungsbehörde, dass sich die Einwendungsfrist nach der Auslegung in der Gemeinde richtet, auf deren Gebiet die von der Naturschutzvereinigung konkret mit Einwendungen angegriffene Maßnahme verwirklicht werden soll, vermag nicht zu überzeugen. Die danach entscheidende „Belegenheit der Einwendung“ liefe darauf hinaus, die Bestimmung der Frist nicht von einfach festzustellenden äußeren Umständen, sondern vom Inhalt der Einwendung selbst abhängig zu machen. Damit würde wegen der nicht immer einfachen Beurteilung des räumlichen Bezugs einer Einwendung das mit der Einwendungspräklusion angestrebte Ziel verfehlt, dem Vorhabenträger Klarheit darüber zu verschaffen, mit welchem Sachvortrag er im gerichtlichen Verfahren zu rechnen hat. Hinzu kommt, dass, bezogen auf die Naturschutzvereinigung, jede Auslegungsbekanntmachung eine auf das gesamte Plangebiet bezogene Anstoßwirkung entfaltet, so dass es der Vereinigung mangels anderslautender gesetzlicher Regelungen frei steht, in welcher Gemeinde sie die ausgelegten Unterlagen einsieht. Zwar hat dies zur Folge, dass die Vereinigung bei mehreren Bekanntmachungen mit unterschiedlichem Fristbeginn die Einwendungsfrist faktisch dadurch verlängern kann, dass sie die Unterlagen in der Gemeinde einsieht, die sie zuerst auslegt und für die Abgabe der Einwendung die zuletzt auslaufende Frist nutzt. Die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung zwischen Naturschutzvereinigungen und privaten Einwendern findet ihren sachlichen Grund jedoch darin, dass der Private regelmäßig nur Betroffener eines Bekanntmachungsgebietes ist, während die Naturschutzvereinigung in ihrer Eigenschaft als Sachwalterin der Natur in allen Bekanntmachungsgebieten „betroffen“ ist. Nur insoweit es um dasselbe Bekanntmachungsgebiet geht, ist es aber ein Gebot der Gleichbehandlung, dass jedem Betroffenen derselbe Zeitraum zur Verfügung steht, um Einwendungen geltend zu machen[2]. Es ist daher Sache des Gesetzgebers, hier eine Änderung vorzunehmen, etwa indem die Einwendungsfrist nach der Gemeinde bestimmt wird, in der die Naturschutzvereinigung tatsächlich zuerst Einsicht in die Unterlagen genommen hat.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 3. Mai 2013 – 9 A 16.12

  1. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 16.03.1998 – 4 A 31.97, Buchholz 316 § 73 VwVfG Nr. 27 S. 35[]
  2. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 16.03.1998 a.a.O.[]