Pedelecs – und Scientology

Eine Gemeinde darf die Bewilligung einer finanziellen Zuwendung, mit der umweltpolitische Zielsetzungen verfolgt werden, nicht davon abhängig machen, dass Antragsteller eine Erklärung zur Distanzierung von der Scientology-Organisation abgeben.

Pedelecs – und Scientology

Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jetzt in einem Streit um eine Pedelec-Förderung entschieden. Die Pedelec-Käuferin beantragte eine Zuwendung zum Erwerb eines Pedelecs nach der „Förderrichtlinie Elektromobilität“ der beklagten Landeshauptstadt München. Dabei gab sie die im Antragsformular enthaltene „Schutzerklärung in Bezug auf die Lehre von L. Ron Hubbard/Scientology“ nicht ab. Damit erklärt der Zuwendungsempfänger, die Lehre von Scientology nicht anzuwenden, nicht zu verbreiten und auch keine Kurse oder Seminare der Organisation zu besuchen. Die Stadt München lehnte den Antrag unter Verweis auf die fehlende Erklärung ab.

Das Verwaltungsgericht München hat die Klage abgewiesen[1]. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Landeshauptstadt München verpflichtet, der Pedelec-Käuferin entsprechend ihrem Antrag eine Förderzusage zu erteilen[2]. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Berufungsurteil bestätigt und die Revision der Stadt München zurückgewiesen:

Die Stadt München darf die Förderung nicht von der Abgabe der Schutzerklärung abhängig machen. Erklärungen zur Weltanschauung einzufordern, ist keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, so dass es bereits an einer Zuständigkeit der Stadt München fehlt. Wird eine solche Erklärung verlangt und an deren Verweigerung der Ausschluss von der Förderung geknüpft, greift dies gezielt in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleistete Religions- und Weltanschauungsfreiheit ein. Der Eingriff ist schon mangels einer gesetzlichen Grundlage verfassungswidrig. Schließlich verstößt die Vorgehensweise der Stadt München gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Sie stellt eine unzulässige Differenzierung dar, weil sie den Kreis der Förderberechtigten nicht sachgerecht abgrenzt, sondern nach Kriterien, die mit dem Förderzweck in keinem Zusammenhang stehen. Da alle sonstigen Voraussetzungen der Förderung erfüllt sind, ist die Stadt München verpflichtet, der Pedelec-Käuferin eine entsprechende Zusage zu erteilen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 6. April 2022 – 8 C 9.21

  1. VG München, Urteil vom 28.08.2019 – VG M 31 K 19.203[]
  2. BayVGH, Urteil vom 16.06.2021 – VGH 4 B 20.3008[]