Abwasserzweckverbände – und die Kleineinleitung

Abwasserzweckverbände können sich bei eigener Einleitung nicht auf die Vorschriften zur Kleineinleitung berufen.

Abwasserzweckverbände – und die Kleineinleitung

Nach dem bundesweit geltenden Abwasserabgabengesetz (AbwAG) erheben die Länder für das Einleiten von Abwasser in Gewässer eine Abgabe. Diese Abwasserabgabe richtet sich nach der Schädlichkeit des Abwassers, die im Regelfall anhand des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheids ermittelt wird.

In den hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen haben Abwasserzweckverbände mit Sitz in Sachsen geklagt:

  • Im ersten Verfahren[1] wendet sich der Abwasserzweckverband gegen die Festsetzung einer Abwasserabgabe im Veranlagungsjahr 2016 für die Einleitung von Schmutzwasser über die von ihm betriebene Kleinkläranlage Pyrna.
  • Der Abwasserzweckverband im zweiten Verfahren[2] wendet sich gegen die Festsetzung einer Abwasserabgabe im Veranlagungsjahr 2006 für die Einleitung aus drei Kanaleinleitstellen in Rochlitz.

Beide Abwasserzweckverbände tragen vor, dass sie nur in kleinen Mengen Abwasser einleiteten und sich deshalb auf die aus ihrer Sicht günstigere Bestimmung des § 8 AbwAG berufen könnten. Dieser sieht zur Vereinfachung unter bestimmten Voraussetzungen für Kleineinleitungen von Schmutzwasser statt einer Bemessung nach der Schädlichkeit Pauschalierungen bis hin zu einer vollständigen Abgabefreiheit vor.

Die Klagen gegen die Abgabenbescheide blieben erstinstanzlich vor den Verwaltungsgerichten Leipzig und Chemnitz ohne Erfolg[3]. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen hob die beiden angefochtenen Bescheide hingegen vollständig bzw. teilweise auf und begründete dies damit, dass auch die Abwasserzweckverbände als abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaften des öffentlichen Rechts von der Regelung für Kleineinleitungen profitieren könnten[4]. Auf die Revisionen des Freistaats Sachsen hat das Bundesverwaltungsgericht die Abgabenerhebung in der praktizierten Form, also die Berechnung nach der Schädlichkeit, für rechtmäßig erklärt.

Entgegen der Ansicht des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts können sich die Abwasserzweckverbände, so das Bundesverwaltungsgericht, nicht auf die Ausnahmevorschrift des § 8 AbwAG berufen.

Diese greift nach ihrem klaren Wortlaut nur ein, wenn es sich um Einleitungen von Schmutzwasser handelt, für das eine Körperschaft des öffentlichen Rechts „an Stelle der Einleiter“ abgabepflichtig ist. Die Abwasserzweckverbände sind hier aber nicht stellvertretend für fremde Einleitungen abgabepflichtig, sondern werden – für das unmittelbare Verbringen von Abwasser in Gewässer – selbst als Einleiter in Anspruch genommen.

Diese gesetzliche Differenzierung ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auch sachgerecht, weil die Abwasserzweckverbände die Abwasserbeseitigung nach ihren Vorstellungen organisieren und gegebenenfalls optimieren können, während Privathaushalte ihren Anschluss an die öffentliche Kanalisation nicht erzwingen können. Zudem bedürfen die Zweckverbände keiner Vereinfachung, wenn sie nicht für fremde, sondern für eigene Einleitungen abgabenpflichtig sind. Hiermit wird auch dem Lenkungszweck eines bestmöglichen Gewässerschutzes Rechnung getragen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 13. November 2024 – 9 C 3.23 und 9 C 4.23

  1. BVerwG – 9 C 3.23[]
  2. BVerwG – 9 C 4.23[]
  3. VG Leipzig, Urteil vom 12.07.2022 – 6 K 900/19; VG Chemnitz, Urteil vom 19.02.2020 – 2 K 2541/14[]
  4. Sächs. OVG, Urteile vom 24.05.2023 – 5 A 419/22 und 5 A 270/20[]