In einem faktischen Vogelschutzgebiet ist ein Vorhaben bereits dann unzulässig, wenn auch nur die Möglichkeit besteht, dass das Gebiet oder seine Bestandteile erheblich beeinträchtigt werden. Widerspricht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung das Bauvorhaben den Erhaltungszielen eines solchen faktischen Vogelschutzgebiets, dann ist die Genehmigung des Baus rechtswidrig.

Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Schwerin der Klage der Gemeinde Mestlin stattgegeben, die sich damit gegen die Ersetzung ihres Einvernehmens bei der Genehmigung zur Errichtung einer – zwischenzeitlich auch betriebenen – Mastanlage für 1499 Schweine gewehrt hat.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Schwerin widersprach das Bauvorhaben zum maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung den Erhaltungszielen des gemeldeten, allerdings noch nicht förmlich unter Schutz gestellten – sog. faktischen – Vogelschutzgebiets „Wälder und Feldmark bei Techentin-Mestlin“. In einem faktischen Vogelschutzgebiet sei ein Vorhaben bereits dann unzulässig, wenn auch nur die Möglichkeit bestehe, dass das Gebiet oder seine Bestandteile erheblich beeinträchtigt würden. Zwar stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für das Verwaltungsgericht fest, dass für den Kranich im maßgeblichen Jahr 2008 ein substanzieller Verlust von Nahrungsflächen durch den Bau und Betrieb der Mastanlage ausgeschlossen sei. Entscheidend sei jedoch, dass ein in der Nachbarschaft zur Mastanlage gelegenes Röhrichtbiotop als Brutplatz für die ebenfalls geschützte Rohrweihe dauerhaft verloren gehen könne. Bei lediglich 5 Rohrweihepaaren im gesamten Vogelschutzgebiet sei dieser Verlust als erheblich einzustufen. So war nach Meinung des Verwaltungsgerichts Schwerin die Genehmigung des Baus rechtswidrig.
Die Frage, ob die Mastanlage, nachdem das Gebiet 2011 durch Rechtsverordnung des Landes nunmehr förmlich unter Schutz gestellt worden ist und damit dem weniger strengen Regime der FFH-Richtlinie unterfällt, genehmigt werden könnte, hatte das Verwaltungsgericht nicht zu prüfen. Dies bliebe in einem neuerlichen Genehmigungsverfahren zu entscheiden.
Verwaltungsgericht Schwerin, Urteil vom 31. Januar 2013 – 2 A 27/09