Grubenwasserhaltung – und das Grundwasserentnahmeentgelt

Nach § 1 Abs. 1 des Saarländischen Grundwasserentnahmeentgeltgesetz (GwEEG) erhebt das Saarland von dem Benutzer für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser ein Grundwasserentnahmeentgelt. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes[1], aus der Benutzung des Grundwassers müsse sich – als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal – ein werthaltiger Sondervorteil für den Abgabepflichtigen ergeben, legt ein zu enges Verständnis des Begriffs der Werthaltigkeit zugrunde und steht mit dem finanzverfassungsrechtlichen Vorteilsbegriff nicht in Einklang.

Grubenwasserhaltung – und das Grundwasserentnahmeentgelt

Es besteht kein verfassungsrechtliches Erfordernis für die vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes vorgenommene Verengung des Vorteilsbegriffs auf wirtschaftliche Vorteile. Die der Bergbaugesellschaft erlaubte Zugriffsmöglichkeit auf die staatlich bewirtschaftete Ressource Wasser begründet für sie einen abschöpfbaren Sondervorteil. Ob darüber hinaus ein wirtschaftlicher Vorteil bei der Bergbaugesellschaft vorliegt, bedarf daher keiner Entscheidung.

Nach der – nicht zuletzt anhand von Wasserentnahmeentgelten entwickelten – Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben mit Blick auf die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) sowie zur Wahrung der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach einer über die Zwecke der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung[2]. Als sachliche Gründe sind nach ständiger Rechtsprechung Lenkungszwecke, soziale Zwecke sowie Zwecke des Vorteilsausgleichs bzw. der Vorteilsabschöpfung anerkannt[3].

Der verfassungsrechtliche Vorteilsbegriff ist dabei nicht auf wirtschaftliche Vorteile beschränkt; vielmehr kommen tatsächliche, rechtliche und ideelle Vorteile aller Art in Betracht[4]. In seiner Leitentscheidung zum „Wasserpfennig“ hat das Bundesverfassungsgericht herausgestellt, dass der abzuschöpfende Vorteil bei einer solchen Abgabe in der privilegierten Teilhabe an der knappen natürlichen Ressource Wasser als einem Gut der Allgemeinheit besteht, das einer öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterliegt[5]. Es ist sachlich gerechtfertigt, diesen Vorteil ganz oder teilweise abzuschöpfen, wobei die Abschöpfung nach dem tatsächlichen Umfang erfolgen kann[6].

Diesen verfassungsrechtlichen Vorteilsbegriff legt auch das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung zugrunde[7]. Bei Wasserentnahmeentgelten besteht der relevante Sondervorteil für die Abgabenschuldner – gegenüber all jenen, die das betreffende Gut nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen – bereits darin, dass ihnen durch die wasserrechtliche Erlaubnis die Möglichkeit der Wasserentnahme und damit die Teilhabe an der knappen, staatlich bewirtschafteten Ressource Wasser eröffnet wird[8]. Unerheblich ist deshalb, ob das geförderte Grundwasser wirtschaftlich verwertet oder ungenutzt abgeleitet wird[9].

Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht in jüngerer Zeit in einem Urteil betreffend das Zutagefördern und Ableiten von ansonsten nicht genutztem Grundwasser (sog. Sümpfungswasser) zum Zweck der Braunkohleförderung bestätigt[10]. Der damalige Fall war dadurch gekennzeichnet, dass die Grundwasserentnahme als vorgelagerte Tätigkeit zur Ermöglichung der späteren Braunkohlegewinnung erforderlich war, mithin den notwendigen Bestandteil einer Wertschöpfungskette bildete. Insoweit stellte sich das Gebrauchmachen von der wasserrechtlichen Erlaubnis als werthaltiger Sondervorteil dar[11]. Dass sich aus der Erlaubniserteilung in jedem Fall ein solcher wirtschaftlicher Vorteil ergeben müsse, um die Abgabenerhebung zu rechtfertigen, wurde in der genannten Entscheidung nicht zum Ausdruck gebracht.

Demgegenüber hält das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht eine verfassungskonforme Auslegung des – einschränkungslos formulierten – Entgelttatbestands nach § 1 Abs. 1 GwEEG dahingehend für geboten, dass das Vorliegen eines werthaltigen Sondervorteils, den es mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Abgabepflichtigen gleichsetzt, ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für die Heranziehung zur Entrichtung eines Grundwasserentnahmeentgelts sei. Das Oberverwaltungsgericht nimmt diese Ergänzung des Gesetzeswortlauts nicht aufgrund einer – aus bundesrechtlicher Sicht zu respektierenden – landesrechtlichen Normauslegung anhand des Willens des saarländischen Gesetzgebers vor. Vielmehr sieht es sich dazu von Verfassungs wegen verpflichtet.

Anders als das Oberverwaltungsgericht meint, verfügt die Bergbaugesellschaft infolge des ihr behördlich erlaubten Zugriffs auf den Wasserhaushalt über einen Sondervorteil im Vergleich zu Dritten, der durch die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts abgeschöpft werden kann. Die Erlaubnisse zur Gewässerbenutzung an den fünf Wasserhaltungsstandorten beziehen sich auf das Zutagefördern und Einleiten des anstehenden Grubenwassers, das bestimmte maximale Wassermengen pro Jahr nicht überschreiten darf, und eröffnen der Bergbaugesellschaft die legale Möglichkeit, Grundwasser zu entnehmen und damit die Vorgaben ihrer zugelassenen Hauptbetriebspläne zur Grubenwasserhaltung zu erfüllen. Die diesbezügliche bergrechtliche Verpflichtung ist die Bergbaugesellschaft – durch Beantragung der Betriebsplanzulassung – aus freien Stücken eingegangen. Nicht maßgeblich ist, ob sie sich dieser von ihr als nachteilig erachteten (Selbst-)Verpflichtung entziehen und die Wasserhaltung einstellen könnte. Die Entgeltpflicht wird nicht durch das „Entnehmen-Müssen“ auf der Grundlage des bergrechtlichen Regelungsregimes, sondern durch das „Entnehmen-Dürfen“ aufgrund der gesondert beantragten und erteilten (§ 19 Abs. 2 WHG) wasserrechtlichen Erlaubnisse ausgelöst. Die Höhe des Grundwasserentnahmeentgelts richtet sich dabei gemäß § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 GwEEG nicht nach der maximal zulässigen, sondern nach der tatsächlich entnommenen Wassermenge; hierdurch wird der Vorteil realitätsgerecht erfasst und bemessen[12].

Auch wenn die Bergbaugesellschaft im Veranlagungsjahr 2014 an den betreffenden Bergbaustandorten keinen Gewinn mehr erzielte, lag nach den dargelegten Maßstäben somit ein abschöpfbarer Sondervorteil vor. Ob darüber hinaus bei einer gebotenen Gesamtbetrachtung sogar von einem wirtschaftlichen Vorteil auszugehen war, weil die Bergbaugesellschaft ohne die wasserrechtlichen Erlaubnisse ihren auf Gewinnerzielung ausgerichteten Betrieb nicht legal hätte aufnehmen und durchführen können, bedarf hiernach keiner weiteren Prüfung.

Aus dem finanzverfassungsrechtlichen Vorteilsbegriff folgt zugleich, dass die Abgabenerhebung nicht aus den vom Oberverwaltungsgericht genannten Gründen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und das Äquivalenzprinzip als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes[13] verstößt. Das Oberverwaltungsgericht hat beide Verstöße aus der Prämisse abgeleitet, dass kein werthaltiger Sondervorteil vorliege. Den Verstoß gegen den Gleichheitssatz hat das Gericht darin gesehen, dass die ohne eigenen Vorteil in Anspruch genommene Bergbaugesellschaft gegenüber denjenigen Gruppen benachteiligt werde, denen die Entnahme des Grundwassers einen Vermögensvorteil biete. Auch die angenommene Verletzung des Äquivalenzprinzips hat es mit dem Fehlen eines werthaltigen Sondervorteils begründet. Beide Schlussfolgerungen stehen, wie oben dargelegt, im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Vorteilsbegriff. Soweit das Oberverwaltungsgericht eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den vom Ausnahmekatalog des § 1 Abs. 2 GwEEG erfassten Fallgruppen moniert, wird dies nur im Rahmen der Analogiebildung relevant.

Da die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts bereits durch den Gesichtspunkt der Vorteilsabschöpfung gerechtfertigt ist, kommt es nicht mehr auf die weitere – vom Oberverwaltungsgericht im konkreten Fall verneinte – Frage an, ob die sachliche Legitimation der Entgelterhebung auch aus einer möglichen Lenkungsfunktion der Abgabe folgt[14].

Ebenfalls gegen Bundesrecht verstößt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, zugunsten der Bergbaugesellschaft müsse – selbst bei Bejahung der Voraussetzungen des Entgelttatbestands – eine Befreiung von der Entgeltpflicht im Wege einer analogen Anwendung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 GwEEG eingreifen. Nach dieser Vorschrift wird das Entgelt nicht erhoben für behördlich angeordnete Benutzungen im Sinne von § 19a des Saarländischen Wassergesetzes (SWG); dies erfasst insbesondere Maßnahmen, die von der zuständigen Wasserbehörde oder mit deren Einvernehmen angeordnet wurden (§ 19a Satz 2 SWG). Das Oberverwaltungsgericht begründet die analoge Anwendung der Norm mit der bergrechtlichen Pflichtenstellung der Bergbaugesellschaft. Da seine diesbezüglichen Grundannahmen nicht zutreffen, ist für eine Gleichsetzung mit einer behördlichen Anordnung kein Raum.

Die Analogiebildung des Oberverwaltungsgerichts basiert auf einer Auslegung der Vorschriften des Bundesberggesetzes und damit auf revisiblen Vorfragen. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Bergbaugesellschaft auf der Grundlage bergrechtlicher Bestimmungen aus Gründen der vorbeugenden Gefahrenabwehr zur Fortführung der Grubenwasserhaltung verpflichtet ; dies sei tatsächlich und rechtlich gleichbedeutend mit einer behördlich angeordneten Entnahme von Grundwasser. Die Bergbaugesellschaft folge allein dieser Verpflichtung und diene damit dem Allgemeinwohlinteresse.

Dieses Verständnis der bergrechtlichen Vorschriften ist nicht mit Bundesrecht vereinbar. Ungeachtet der Beendigung der aktiven Kohleförderung unterhält die Bergbaugesellschaft weiterhin einen Gewinnungsbetrieb, der rechtlich gesehen nicht eingestellt ist. Die Fortführung der Grubenwasserhaltung erfolgte daher aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung der Bergbaugesellschaft, nicht hingegen vorrangig aus Gründen des Gemeinwohls oder ausschließlich aus Gründen der vorbeugenden Gefahrenabwehr.

Die Bergbaugesellschaft unterhielt im Streitjahr 2014 (und unterhält nach wie vor) einen Gewinnungsbetrieb im Sinne des § 4 Abs. 8 BBergG, der als betriebsorganisatorischer Gesamtkomplex[15] vorbereitende, begleitende und nachfolgende Tätigkeiten nach § 4 Abs. 2 BBergG umfasst. Bei der Grubenwasserhaltung kann es sich – je nach Betriebstyp und -stadium – um eine vorbereitende, begleitende oder nachfolgende Tätigkeit handeln[16]; im Jahr 2014 war letzteres der Fall. Zur Errichtung und Führung ihres Betriebs hat die Bergbaugesellschaft einen Hauptbetriebsplan nach § 52 Abs. 1 BBergG aufgestellt, den der Beklagte gemäß ihrem Antrag zugelassen hat und der weiterhin Gültigkeit beansprucht. Der Betrieb erfolgt somit auch nach Beendigung der aktiven Steinkohleförderung im privatnützigen Interesse der Bergbaugesellschaft[17].

Ein Übergang in die Phase des Abschlussbetriebsplans für die Einstellung des Betriebs (vgl. § 53 Abs. 1 BBergG) hat bisher nicht stattgefunden. Nach der Systematik des Bundesberggesetzes (vgl. § 54 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 BBergG) beginnt „die Einstellung“ erst mit dem Wirksamwerden des Abschlussbetriebsplans. Ein solcher Abschlussbetriebsplan war seinerzeit weder von der Bergbaugesellschaft aufgestellt noch behördlicherseits zugelassen; auf die Gründe hierfür kommt es entgegen der Auffassung der Bergbaugesellschaft nicht an. Die – gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 BBergG („Dauer der beabsichtigten Betriebseinstellung“) als längerer Prozess zu verstehende – Einstellung hatte im Streitjahr 2014 somit noch nicht einmal begonnen, geschweige denn zu einem Abschluss geführt. Allenfalls nach Durchführung des Abschlussbetriebsplans wäre eine Entlassung aus der Bergaufsicht und damit ein Ende der bergrechtlichen Pflichtenstellung denkbar. Dies setzt allerdings gemäß § 69 Abs. 2 BBergG voraus, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht mehr damit zu rechnen ist, dass durch den Betrieb Gefahren oder gemeinschädliche Einwirkungen eintreten werden. Die vom Oberverwaltungsgericht unterstellte „Beendigung des Steinkohlebergbaus“ hatte somit im Veranlagungsjahr 2014 in bergrechtlicher Hinsicht noch nicht stattgefunden bzw. – sofern das Gericht auf die aktive Abbautätigkeit abstellen wollte – zumindest nicht zu einer rechtlich relevanten Zäsur geführt.

Die Pflicht zur Grubenwasserhaltung folgte im Jahr 2014 unmittelbar aus dem zugelassenen Hauptbetriebsplan der Bergbaugesellschaft. Sie ergab sich nicht aus dem im angefochtenen Urteil in Bezug genommenen, für die Betriebseinstellung geltenden § 53 Abs. 1 oder § 55 Abs. 2 BBergG. Maßgebend für die Pflichtenstellung der Bergbaugesellschaft war allein der Inhalt des von ihr nach eigenem unternehmerischen Kalkül aufgestellten und behördlich zugelassenen Hauptbetriebsplans. Die Bergbaugesellschaft erfüllte damit eine von ihr freiwillig eingegangene Verpflichtung zur fortdauernden Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen, zu der auch die Übernahme entsprechender Nachsorgepflichten einschließlich der Grubenwasserhaltung gehörte. Die betriebsplankonforme Fortführung der Wasserhaltung erfolgte demnach entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht (allein oder primär) aus Gründen des Allgemeininteresses bzw. der vorbeugenden Gefahrenabwehr. Vielmehr ist die erforderliche Vorsorge gegen Gefahr und gemeinschädliche Einwirkungen Zulassungsvoraussetzung jedes Betriebsplans (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 3 und 9, § 55 Abs. 2 BBergG).

Damit ist für die vom Oberverwaltungsgericht angenommene Gleichsetzung mit einer behördlich angeordneten Entnahme von Grundwasser nach dem Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 GwEEG kein Raum. Soweit die Bergbaugesellschaft damit argumentiert, sie könnte sich jederzeit – anstatt sich „freiwillig“ betriebsplankonform zu verhalten – sicherheitsbehördlich dazu verpflichten lassen, entspricht ein solches rechtswidriges Verhalten schon nicht den tatsächlichen Gegebenheiten im Streitjahr 2014. Im Übrigen würde dies, wie oben dargelegt, nichts daran ändern, dass die Bergbaugesellschaft nach dem für sie maßgeblichen Hauptbetriebsplan dem spezifisch bergrechtlichen und nicht einem allgemeinen sicherheitsrechtlichen Regelungsregime unterliegt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass für die Bergbaugesellschaft aus sonstigen Gründen eine Befreiung von der Entgeltpflicht im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz zwingend geboten wäre.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts, das entscheidungstragend auf den beiden dargestellten Argumentationssträngen beruht, erweist sich nicht gemäß § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig. Die Abgabenerhebung ist auch im Übrigen verfassungsgemäß; insbesondere bestehen weder unter Rückwirkungsgesichtspunkten noch hinsichtlich der Entgelthöhe Bedenken.

Die Abgabenerhebung verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

 Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn die der Abgabenerhebung zugrundeliegende Norm nachträglich in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift[18]. Dies ist hier nicht der Fall. Das Grundwasserentnahmeentgelt wurde auf der Basis des Saarländischen Grundwasserentnahmeentgeltgesetzes (vom 12.03.2008, in der Fassung des Gesetzes vom 14.11.2012) für das Kalenderjahr 2014 erhoben, in dessen gesamten Zeitraum die Bergbaugesellschaft unstreitig aufgrund der ihr erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse Grundwasser entnommen hat. Soweit die Bergbaugesellschaft eine echte Rückwirkung darin erblickt, dass der „Grubenwasseranfall bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes unverhinderbar angelegt“ gewesen sei, verfängt dies schon deshalb nicht, weil die Abgabenerhebung nur an die von der wasserrechtlichen Erlaubnis gedeckte Entnahme nach dem genannten Zeitpunkt anknüpft. Zeiträume vor dem ersten Veranlagungszeitraum (01.05.2008 bis 31.12.2008) werden davon nicht erfasst (vgl. § 11 Satz 2 GwEEG in der Fassung vom 12.03.2008).

Ebenfalls nicht zum Erfolg führt das in eine ähnliche Richtung zielende Vorbringen der Bergbaugesellschaft, sie habe das – vier Jahre vor Ende der aktiven Abbautätigkeit eingeführte – Wasserentnahmeentgelt nicht mehr in ihre Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen einstellen und auch sonst keine Dispositionen, etwa hinsichtlich der Größe der Grubengebäude und des Umfangs der erforderlichen Wasserentnahme, treffen können. Eine unzulässige unechte Rückwirkung begründet dies nicht. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Beeinträchtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art.20 Abs. 3 GG geschützten Vertrauens in die Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechtspositionen verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar ist. Dies ist der Fall, wenn sie zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungswünsche des Normgebers überwiegen[19].

Hier liegt bereits keine schutzwürdige Vertrauensposition der Bergbaugesellschaft vor, die sich gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Entgelterhebung durchsetzen könnte. Ein Unternehmer hat generell keinen Anspruch aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Vertrauensschutzgrundsatz dahingehend, dass die (finanziellen) Rahmenbedingungen, unter denen er seinen Betrieb begonnen hat, auf Dauer unverändert bestehen bleiben[20]. Umstände, die im Fall der Bergbaugesellschaft als Bergbauunternehmerin (§ 4 Abs. 5 BBergG) ausnahmsweise eine andere Beurteilung gebieten können, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus den Wertungen des Bundesberggesetzes, dass der Bergbauunternehmer umfangreichen Nachsorgepflichten einschließlich der zugehörigen finanziellen Aufwendungen unterliegt, und zwar – nach dem Grundsatz der Letztbetreiberverantwortung – unabhängig davon, ob sie von ihm selbst oder von einem Rechtsvorgänger verursacht worden sind[21]. Etwas anderes folgt nicht aus dem von der Bergbaugesellschaft in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erwähnten Beschluss zum Windenergie-auf See-Gesetz[22]. Diesem Beschluss lag ein mit dem vorliegenden schon im Ansatz nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Denn es ging um den Sonderfall einer gesetzlichen Umstellung auf ein grundlegend neues Regelungssystem, wodurch bereits in Gang gesetzte Prozesse vollständig abgebrochen und damit entwertet wurden[23].

Die staatliche Leistung der Gewährung eines Zugriffs auf das Grundwasser als Gut der Allgemeinheit steht schließlich in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe des Wasserentnahmeentgelts[24]. Das Entgelt für die Grubenwasserhaltung, die nach § 2 Abs. 2 GwEEG in Verbindung mit dem Verzeichnis über das Entgelt für Grubenwasserentnahmen einem niedrigeren Satz als die Wassernutzung anderer Betriebe unterliegt, ist nicht unangemessen hoch. Dass die Berechnung der konkreten Entgelthöhe im angefochtenen Bescheid zutreffend ist, wird von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen.

Das Bundesverwaltungsgericht übte sein prozessuales Ermessen dahingehend aus, dass es in der Sache selbst entscheidet (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich waren, warder Rechtsstreit entscheidungsreif. Die Bergbaugesellschaft war nach § 1 Abs. 1 GwEEG entgeltpflichtig; eine Ausnahme von der Entgeltpflicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 GwEEG kam nicht in Betracht. Die Klage gegen den Festsetzungsbescheid blieb daher ohne Erfolg.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Januar 2022 – 9 C 5.20

  1. OVG Saarland, Urteil vom 19.12.2019 – 1 A 785/17[]
  2. grundlegend zum „Wasserpfennig“ BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 – 2 BvR 413/88, BVerfGE 93, 319 <342 f.> zu Verwaltungsgebühren BVerfG, Beschluss vom 17.01.2017 – 2 BvL 2/14 u.a., BVerfGE 144, 369 Rn. 62[]
  3. vgl. nur BVerfG, Urteil vom 19.03.2003 – 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1 <13>[]
  4. vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.08.1998 – 1 BvR 1270/94, NVwZ 1999, 176 <177>[]
  5. BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 – 2 BvR 413/88, BVerfGE 93, 319 <345 f.> und Ls. 2; vgl. weiter BVerfG, Beschluss vom 18.12.2002 – 2 BvR 591/95, NVwZ 2003, 467 <469 f.>[]
  6. BVerfG, Beschlüsse vom 20.01.2010 – 1 BvR 1801/07, NVwZ 2010, 831 <833 f.> und vom 16.04.2020 – 1 BvR 173/16, NVwZ 2021, 56 Rn. 43[]
  7. vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 29.04.2021 – 9 C 1.20, NVwZ 2021, 1466 Rn. 16[]
  8. vgl. auch Gawel, DVBl 2011, 1000 <1002, 1004>[]
  9. BVerwG, Urteil vom 28.06.2007 – 7 C 3.07, Buchholz 445.4 § 3 WHG Nr. 5 Rn. 27; Beschluss vom 29.10.2007 – 7 B 36.07 9[]
  10. BVerwG, Urteil vom 16.11.2017 – 9 C 16.16, BVerwGE 160, 354[]
  11. BVerwG, Urteil vom 16.11.2017 – 9 C 16.16 – a.a.O. Rn.19[]
  12. vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.04.2020 – 1 BvR 173/16, NVwZ 2021, 56 Rn. 43; BVerwG, Urteil vom 16.11.2017 – 9 C 16.16, BVerwGE 160, 354 Rn. 27[]
  13. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 29.04.2021 – 9 C 1.20, NVwZ 2021, 1466 Rn. 30 m.w.N.[]
  14. vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 – 2 BvR 413/88 u.a., BVerfGE 93, 319 <345>[]
  15. vgl. BVerwG, Urteil vom 09.11.1995 – 4 C 25.94, BVerwGE 100, 31 <42>[]
  16. vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 – 7 C 5.90, BVerwGE 87, 241 <246>[]
  17. vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.2014 – 7 C 22.12, BVerwGE 151, 156 Rn. 47[]
  18. stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302 Rn. 42[]
  19. vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10.10.2012 – 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302 Rn. 43; und vom 30.06.2020 – 1 BvR 1679/17, BVerfGE 155, 238 Rn. 126 ff.; BVerwG, Urteile vom 06.10.2021 – 9 C 9.20 27; und vom 06.10.2021 – 9 C 10.20 17[]
  20. vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.06.2010 – 1 BvR 2011/07 u.a., BVerfGE 126, 112 Rn. 128 ff.[]
  21. vgl. BVerwG, Urteile vom 09.11.1995 – 4 C 25.94, BVerwGE 100, 31 <38 f.> und vom 18.12.2014 – 7 C 22.12, BVerwGE 151, 156 Rn. 47[]
  22. BVerfG, Beschluss vom 30.06.2020 – 1 BvR 1679/17 u.a., BVerfGE 155, 238 Rn. 121 ff.[]
  23. BVerfG, Beschluss vom 30.06.2020, a.a.O., Rn. 134 ff.[]
  24. vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.2017 – 9 C 16.16, BVerwGE 160, 354 Rn. 24[]