Maßnahmen zur Umsiedlung von Arten mit einem kleinen Aktionsradius (hier: Kammmolch) können bereits im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung zu berücksichtigende Schadensvermeidungsmaßnahmen darstellen, wenn die funktionelle Verbindung zu einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte erhalten bleibt und diese nach Durchführung der Maßnahmen mindestens die gleiche (oder eine größere) Ausdehnung und eine gleiche (oder bessere) Qualität für die zu schützende Art hat.

Bei der nach Art. 1 Buchst. e) FFH-RL vorzunehmenden Prüfung der Auswirkungen eines Projekts auf die charakteristischen Arten eines Lebensraumtyps ist zu untersuchen, ob der Erhaltungszustand der Arten gerade in den Lebensraumtypen, für die sie charakteristisch sind, günstig bleibt.
Die Prüfung einer zumutbaren Alternative i.S.d. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG darf auch dann, wenn auf den vorgelagerten Planungsstufen noch keine korridorübergreifende FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden musste, nicht auf den „Planungskorridor“ beschränkt werden, sondern hat – unter summarischer Würdigung des jeweiligen Beeinträchtigungspotenzials – Trassen in Alternativkorridoren einzubeziehen.
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 BNatSchG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Abweichend von § 34 Abs. 2 BNatSchG darf ein Projekt nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 BNatSchG zugelassen werden.
Der Planfeststellungsbeschluss, der bezüglich des FFH-Gebiets „Trimberg bei Reichensachsen“ eine Verträglichkeit des Autobahnprojekts mit den Erhaltungszielen des Gebiets angenommen hat[1] und sich hinsichtlich des zweiten FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ wegen der Beeinträchtigung einer Teilfläche eines Lebensraumtyps auf eine Ausnahme stützt[2], wird diesen Anforderungen gerecht.
Der Planfeststellungsbeschluss geht zutreffend von der Verträglichkeit des Vorhabens mit dem FFH-Gebiet „Trimberg bei Reichensachsen“ aus. Das Bundesverwaltungsgericht kann offen lassen, ob die im Jahre 2008 erlassene Natura 2000-Verordnung des Landes Hessen das FFH-Gebiet zutreffend abgegrenzt hat[3], denn die Verträglichkeitsprüfung hat die nach Auffassung des Klägers zu Unrecht ausgeklammerte Fläche ausdrücklich in die Betrachtung miteinbezogen, so dass sie jedenfalls der Sache nach von einem zutreffenden Gebietsumgriff ausgeht[4]. Die Kritik des Klägers, der Planfeststellungsbeschluss habe eine erhebliche Gebietsbeeinträchtigung in Bezug auf verschiedene Erhaltungsziele nicht verneinen dürfen, greift nicht durch; die diesbezüglichen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zum Schutz des Kammmolchs[5], der Gelbbauchunke[6], der Bechsteinfledermaus[7] und des Buchenwaldlebensraums LRT 9130[8] sind nicht zu beanstanden.
Die Frage der zutreffenden Gebietsabgrenzung für das FFH-Gebiet „Trimberg bei Reichensachsen“ durch die Natura 2000-Verordnung des Landes Hessen kann offen bleiben.
Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung ist nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung anzuwenden. Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft. Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen. Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, dürfen nicht ausgespart werden, auch nicht im Hinblick auf ein bestimmtes Vorhaben. Ein sich aufdrängender Korrekturbedarf muss im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt werden. Nach der Entscheidung der EU-Kommission über die Gebietslistung spricht eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Gebietsabgrenzung. Deshalb bedürfen Einwände dagegen einer besonderen Substantiierung; sie müssen geeignet sein, die Vermutung zu widerlegen[9].
Ob dies dem Kläger hier gelungen ist, muss das Bundesverwaltungsgericht nicht entscheiden. Streit besteht zwischen den Beteiligten über eine Fläche, die aufgrund der im Jahre 2005 erteilten Genehmigung zur Umsiedlung der Kammmolche ausgezäunt worden ist. Der Kläger macht insoweit geltend, diese Fläche – Teil eines alten Bahndammes in der Nähe der Laichgewässer der Kammmolche – hätte wegen ihrer ökologischen Funktion als Landhabitat zwingend in das FFH-Gebiet einbezogen werden müssen. Demgegenüber vertritt der Beklagte die Auffassung, die Kammmolche seien zum fraglichen Zeitpunkt der Gebietsanpassung durch die Natura 2000-Verordnung (2008) bereits in das künstlich angelegte Ersatz-Landhabitat umgesiedelt worden, so dass es an der Erforderlichkeit der Einbeziehung weiterer Flächen gefehlt habe.
Auf die Frage der zutreffenden Gebietsabgrenzung kommt es hier deshalb nicht an, weil die FFH-Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet „Trimberg bei Reichensachsen“ die außerhalb des FFH-Gebiets liegende ausgezäunte Fläche „aufgrund der funktionalen Beziehungen“ ausdrücklich in die Beurteilung miteinbezogen hat. Die durch den bereits im Sommer 2006 errichteten Sperrzaun ausgezäunte Fläche hat danach eine Größe von rd. 2,9 ha; hinzu kommt ein baubedingter Verlust außerhalb des FFH-Gebiets von 1,2 ha. Ebenso geht der Planfeststellungsbeschluss – wie es der Kläger für richtig hält – von einem Gesamteingriff von 4,1 ha aus, wobei lediglich die Flächenzuordnung etwas anders ausfällt (1 ha durch die noch bevorstehende Flächeninanspruchnahme zzgl. 3,1 ha durch „Flächeninanspruchnahme außerhalb des FFH-Gebietes auf Grundlage der Genehmigung vom 30.12.2005“). Diesem Eingriff von 4,1 ha werden Schadensvermeidungsmaßnahmen im Umfang von 6,1 ha gegenübergestellt.
Der Planfeststellungsbeschluss verneint zu Recht eine erhebliche Beeinträchtigung des Kammmolchs.
Als für das Erhaltungsziel maßgebliche Bestandteile des FFH-Gebiets benennt der Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf den Kammmolch die Teiche 1 bis 3, 6 und 7 als Laich- und Entwicklungsgewässer, den Landlebensraum im Umfeld dieser Gewässer und die Winterquartiere in Gehölzbeständen und in Form von Steingruben auf Sukzessionsflächen. Für die Teiche sei eine Beeinträchtigung ihrer Qualität als Laichgewässer auszuschließen. Zwar komme es durch das Vorhaben zu einer baubedingten Flächeninanspruchnahme von ca. 1 ha strukturreicher Offenlandbereiche von mittlerer Bedeutung und von ca. 0,02 ha (200 qm) Gehölzflächen sehr hoher Bedeutung sowie zur baubedingten Zerschneidung von Landlebensräumen bzw. Wanderbeziehungen auf einer Länge von ca. 120 m am Ostportal des Tunnels Trimberg und auf einer Länge von 180 m im Bereich des Westportals. Die Beeinträchtigungen seien aber nicht erheblich: Die Flächeninanspruchnahme liege unter 1 % der Habitatflächen von überwiegend mittlerer Bedeutung im FFH-Gebiet. Die baubedingte Inanspruchnahme erfolge für die Dauer von bis zu 5 Jahren. Danach stünden die Flächen der Population wieder zur Verfügung. Unabhängig von dieser Bewertung führten auch die von der Vorhabenträgerin geplanten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen, die teilweise bereits aufgrund der Genehmigung vom 31.12.2005 ausgeführt und aufgrund des festgelegten Monitorings überprüft worden seien, zu dem Ergebnis der Unerheblichkeit.
Diese Bewertung ist nicht zu beanstanden. Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e) und i) FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben, ein bestehender schlechter Erhaltungszustand darf jedenfalls nicht weiter verschlechtert werden[10]. Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip, das in Art. 6 Abs. 3 FFH-RL seinen Niederschlag gefunden hat (Art. 174 Abs. 2 Satz 2 EGV)[11], verlangt allerdings nicht, die Verträglichkeitsprüfung auf ein „Nullrisiko“ auszurichten, weil hierfür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte. Ein Projekt ist vielmehr dann zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden[12]. Um zu einer verlässlichen Beurteilung zu gelangen, muss die Verträglichkeitsprüfung die „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“[13] berücksichtigen und setzt somit die „Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen“ voraus[14]. Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge, die sich auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel derzeit nicht ausräumen lassen, müssen freilich kein unüberwindbares Zulassungshindernis darstellen. Insoweit ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, die kenntlich gemacht und begründet werden müssen[15]. Zugunsten des Projekts dürfen bei der Verträglichkeitsprüfung die vom Vorhabenträger geplanten oder im Rahmen der Planfeststellung behördlich angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden[16].
Hiervon ausgehend durfte der Planfeststellungsbeschluss die vorgezogen durchgeführten Maßnahmen zur Umsiedlung des Kammmolchs als Schadensvermeidungsmaßnahmen berücksichtigen; die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof erübrigt sich damit.
Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei den vorgezogen durchgeführten Maßnahmen zur Umsiedlung des Kammmolchs um bereits im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung zu berücksichtigende Schadensvermeidungsmaßnahmen, die eine erhebliche Beeinträchtigung ausschließen (Art. 6 Abs. 3 FFH-RL) und nicht um Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz im Sinne von Art. 6 Abs. 4 FFH-RL.
Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich bei seiner Bewertung auf den von der Kommission erstellten „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG“ von Februar 2007 (im Folgenden: Kommissionsleitfaden Artenschutz). Diese Auslegungshilfe geht gerade für Arten mit einem kleinen Aktionsradius wie dem Kammmolch davon aus, dass derartige Umsiedlungen Schadensvermeidungsmaßnahmen – dort funktionserhaltende Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten genannt – sein können, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dabei kommt es entscheidend auf die funktionelle Verbindung zu einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte sowie darauf an, dass diese nach Durchführung der Maßnahmen mindestens die gleiche (oder eine größere) Ausdehnung und eine gleiche (oder bessere) Qualität für die zu schützende Art hat[17] Rn. 53 und II.3.04.d) Rn. 72 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich zudem auf den Endbericht über ein FuE-Vorhaben im Rahmen des Umweltforschungsplanes des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz „Rahmenbedingungen für die Wirksamkeit von Maßnahmen des Artenschutzes bei Infrastrukturvorhaben“ aus Juni 2010 (im Folgenden: Endbericht Rahmenbedingungen). Darin werden – zunächst allgemein – dem Kommissionsleitfaden vergleichbare Bedingungen für die Anerkennung vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen als Schadensvermeidungsmaßnahmen formuliert; speziell für den Kammmolch wird zudem sowohl die Anlage von Überwinterungsquartieren durch Gesteinsaufschüttungen als auch die Umsiedlung von Kammmolchen durch näher beschriebene Auszäunungsmaßnahmen als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit eingestuft, die jeweils durch ein geeignetes Monitoring zu begleiten seien[18].
Die neu angelegten Landhabitate erfüllen aufgrund der – sogar verbesserten – räumlichen Nähe zu den unverändert belassenen Laichgewässern und durch ihren Strukturreichtum, der künstlich durch die Anlage von Steingruben, Ruderalfluren, Extensivweiden, Gehölzstreifen, Krautsäumen etc. geschaffen wurde, die in dem Kommissionsleitfaden Artenschutz und dem Endbericht Rahmenbedingungen aufgestellten besonderen Anforderungen[19]; ein begleitendes jährliches Monitoring ist ebenfalls vorgesehen. Die der Umsiedlung der Kammmolche vorangegangene Genehmigung vom 30.12.2005 spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle, denn sie war ausdrücklich bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses befristet, zeitigt also keine Rechtsfolgen mehr. Die Rechtsgrundlage für die Umsiedlungsmaßnahmen stellt nun – wie es aufgrund der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses geboten ist – der Planfeststellungsbeschluss selbst dar. Sämtliche vorgezogenen Maßnahmen werden in den planfestgestellten Maßnahmeblättern[20] geregelt; das auf die Ersatzhabitate bezogene Monitoring wird in Auflage A V 2.6 fortgesetzt.
Zur Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichts steht fest, dass aufgrund dieser vorgezogenen Maßnahmen zur Schadensvermeidung eine vorhabenbedingte erhebliche Beeinträchtigung der Kammmolchpopulation ausgeschlossen ist.
Die in diesem Zusammenhang erhobene methodische Kritik des Klägers hinsichtlich der Erfassung der Molche bei der Grunddatenerhebung und bei der Erfolgskontrolle greift nicht durch. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber die für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standards der „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ einhalten. In welchem Umfang und mit welchen Methoden die relevanten Daten erhoben werden, ist in diesem Rahmen eine naturschutzfachliche Frage. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass derartige Untersuchungen die betroffenen Tiere nicht unverhältnismäßig belasten dürfen. Das gilt insbesondere für Untersuchungsmethoden, die die Tiere in ihrer körperlichen Integrität beeinträchtigen können[21].
Nach diesen Maßstäben ist das methodische Vorgehen hier nicht zu beanstanden. Die Grunddatenerfassung der Kammmolche erfolgte nach dem Standardprogramm in Hessen (Artleitfaden Hessen-Forst FIV 2006) durch den Einsatz von Reusenfallen. Dabei wurden die inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben des Leitfadens eingehalten, die Anzahl der Fallen wurde jedoch erhöht. Da eine frühere Erfassung mit Trichterfallen und Fotodokumentation ergeben hatte, dass ein Wiederfang nur eine untergeordnete Rolle spielte, verzichtete man im vorliegenden Verfahren auf die Wiederfangmethode, berücksichtigte aber zur Vermeidung von Doppelerfassungen zwei näher beschriebene Parameter. Die Abschätzung der Populationsgröße wurde wie folgt vorgenommen: Die höchste Fangzahl je Gewässer innerhalb der Fangperiode eines Jahres diente als Grundlage für die Populationsermittlung. Dabei ging man von einem Anteil von 5 bis 10 % gefangener Tiere aus, je nach Größe des Gewässers und Anzahl der Fallen. Des Weiteren erfolgte 2004 eine Fangzaunkartierung sowie in den Jahren 2005 bis 2008 eine Fangkreuzerfassung der Offenland-Landlebensräume[22]. Dieselbe Methodik liegt den jährlichen Erfolgskontrollen der Schadensvermeidungsmaßnahmen zugrunde, wobei die Gutachter zuletzt klargestellt haben, dass es sich bei den abgeleiteten Werten für die Populationsgröße streng genommen um eine Abschätzung des zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr im Gewässer befindlichen Populationsanteils handele; der Anteil der im Landlebensraum befindlichen Tiere werde mit den Reusen nicht erfasst[23]. Zusätzlich zur Reusenerfassung werden zur Kontrolle der Funktionalität der Ersatzhabitate jährlich vier der künstlich angelegten Steingruben mit Fangzäunen versehen, um die abwandernden Tiere abzufangen. Dies dient einer stichprobenartigen Kontrolle der Aktivitätsdichte sowie zur Ableitung von Wanderkorridoren. Des Weiteren werden frei stehende, 20 m lange Fangzäune im Bereich der Sommerlebensräume errichtet, um die Aktivitätsdichte zu beobachten. Auf die in den Jahren 2005 bis 2008 ergänzend durchgeführte Erfassung mittels Amphibienkreuzen wird inzwischen verzichtet, da aus den gewonnenen Daten keine Aussagen zu der Aktivitätsdichte ableitbar war[24].
Die methodische Kritik des Klägers an diesem Vorgehen ist nicht berechtigt. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Fangzahlen in den Gewässern von einer Vielzahl von Faktoren wie Witterung, Wasserstand, Vegetationsentwicklung, Standort der Fallen etc. beeinflusst wird. Auch kann die genaue Populationsgröße mit der gewählten Methode nicht festgestellt werden. Die Gutachter haben in der mündlichen Verhandlung aber nachvollziehbar erläutert, dass es für die hier vorliegende Fragestellung – Feststellung der Aktivitätsdichte – auf die Ermittlung der exakten Populationsgröße nicht ankam. Schwankungen der Erfassungseffektivität werden durch die lange Zeitreihe kompensiert und lassen jedenfalls Tendenzaussagen zu. Auf die vom Kläger favorisierte deutlich aufwändigere Fang-Wiederfang-Erfassung, bei der zur späteren Wiedererkennung das Bauchmuster der einzelnen Tiere nach einem ersten Fang fotografisch dokumentiert wird, die Tiere invasiv markiert werden oder ein Transponder implantiert werden muss[25], konnte deshalb verzichtet werden. Hiervon unabhängig kann entgegen der Auffassung des Klägers eine exakte Populationserfassung, die in der Literatur bei Kammmolchen als „kaum möglich“ beschrieben wird[26], selbst mit der Fang-Wiederfang-Methode nach Ortmann nicht sichergestellt werden. Abgesehen davon, dass es sich hierbei schon um keine Standardmethode, sondern um eine aufwändige Untersuchung für eine Doktorarbeit unter Einsatz selbst gebauter Molchreusen handelt, räumt der Verfasser am Ende seiner Arbeit selbstkritisch ein, dass die Erfassungsgenauigkeit nur sehr schwach mit der Erfassungsintensität korreliere. Offensichtlich spielten bislang nicht erforschte Faktoren eine wichtige Rolle; anders seien die auch bei seiner Untersuchung aufgetretenen starken Schwankungen in der Erfassungseffektivität nicht zu erklären[27]. Auch Ortmann geht im Übrigen davon aus, dass Unterwassertrichterfallen (Reusen) die bei weitem beste Methode sind, um eine möglichst hohe Zahl an Molchen mit vertretbarem Zeitaufwand zu untersuchen[28]; zudem weist er darauf hin, dass mit den herkömmlichen Abschätzmethoden die reale Gesamtpopulationsgröße eher unter- als überschätzt wird[29]. Schließlich spricht für die hier gewählte Methode auch, dass die EU-weite Bestandsaufnahme des Kammmolchs den Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung zufolge nach derselben Methode erfolgt.
Auch das Ergebnis der Gesamtbewertung – keine erhebliche Beeinträchtigung des Kammmolchs – ist nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der Wirksamkeit der vorgezogenen Maßnahmen zur Umsiedlung hat der Kläger – zuletzt in der mündlichen Verhandlung – eingeräumt, dass die angelegten Ersatzlebensräume von einem „gewissen Anteil der Kammmolch-Population“ am Trimberg als Winterhabitat genutzt wird. Soweit er den Erfolg der Umsiedlung nicht für gesichert hält, da sich die Anzahl der Kammmolche nicht einmal näherungsweise quantifizieren lasse, kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden; selbst mit der vom Kläger vorgeschlagenen Methode ist eine exakte Bestimmung der Populationsgröße nicht zuverlässig möglich. Die anhand des Erfahrungswissens – so die Gutachter in der mündlichen Verhandlung – vorgenommene Abschätzung der Populationsgröße bzw. des Populationsanteils zeigt jedenfalls, dass weiterhin eine stabile Kammmolchpopulation vorhanden ist. Dies belegen die im Einzelnen in den Erfolgskontrollen dokumentierten Fangzahlen. So wurden etwa im Jahr 2009 bei nur drei Kontrollen in den Laichgewässern 169 adulte Kammmolche und 33 Larven in den Gewässern 1 bis 3 erfasst, im Jahre 2010 waren es 143 adulte Kammmolche und 146 Larven in den Gewässern 1 bis 7 und im Jahr 2011 229 adulte Kammmolche und 51 Larven in den Gewässern 1 bis 7[30]. Zwar zeigen die Fangzahlen und die daraus abgeleiteten Schätzungen jährlich deutliche Schwankungen nach oben und unten und liegen derzeit mit nur noch 920 Tieren auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Erfassung. Diese Schwankungen dürften aber in erster Linie – wie oben ausgeführt – durch äußere Einflüsse bei der Erfassung wie Witterung, Wasserstand etc. verursacht werden. Darüber hinaus hängen sie, wie im Planfeststellungsbeschluss dargelegt wird und von den Gutachtern in der mündlichen Verhandlung mit überzeugender Begründung bestätigt wurde, mit vorhabenexternen Gründen, insbesondere dem illegalen Fischbesatz in den Laichgewässern zusammen. Dass die neu angelegten Landhabitate (Steingruben mit Gehölzstrukturen) gut angenommen werden, zeigt nach Einschätzung der Gutachter insbesondere die (erhöhte) Zahl der von dort wandernden Tieren sowie die erst viele Jahre nach der Sperrzaunerrichtung ermittelte hohe Reproduktionsrate im Jahr 2011 (3 440 geschätzte Tiere). Gegen eine Überbewertung der Schwankungen spricht im Übrigen, dass es deutliche Schwankungen auch schon vor der Auszäunung gegeben hat (1 710 Tiere im Jahr 2003 gegenüber 4 370 im Jahr 2004)); insofern ist die Ausgangsthese des Klägers, die Zahlen seien bis einschließlich 2010 rückläufig, nicht zutreffend.
Durch die bereits im Jahre 2006 vorgezogen durchgeführten Maßnahmen wurden im Vergleich zum Gesamteingriff von ca. 4,1 ha neue Lebensräume für den Kammmolch in einem Umfang von ca. 6,1 ha geschaffen. Hinzu kommen die im Planfeststellungsbeschluss genannten weiteren Maßnahmen, die während und nach den Bauarbeiten geplant sind und sowohl zur Verhinderung von Individuenverlusten (vorübergehende Amphibienschutzzäune) als auch zur Stabilisierung der Population (etwa Anlage eines Umgehungsgerinnes zur Erhöhung der durchschnittlichen Wassertemperatur; verschiedene Maßnahmen zur Optimierung der Habitate) dienen sollen. Entgegen der Auffassung des Klägers erhöhen die Amphibienschutzzäune nicht das Mortalitätsrisiko, weil die Tiere dort verharren oder orientierungslos weiterwandern. Dies wird bereits im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt[31] und wurde durch die Gutachter in der mündlichen Verhandlung nachdrücklich bestätigt. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird auf den ehemaligen Bauflächen zudem neuer Lebensraum für Amphibien – u.a. den Kammmolch – entwickelt. Vorgesehen sind Sukzessionsflächen mit linearen Gehölzstrukturen und Steingruben im Umfang von insgesamt ca. 2 ha. Schließlich wird an dem jährlichen Monitoring zur Kontrolle der Funktionsfähigkeit der Ersatzhabitate und der Populationsentwicklung bis zum Abschluss der Bauarbeiten festgehalten. Für den Fall des Eintritts unvorhersehbarer Veränderungen der Populationsentwicklung des Kammmolchs ist in Abstimmung mit der oberen Naturschutzbehörde die Anlage neuer Laichgewässer als Auflage festgelegt worden. Die Formulierung der Nebenbestimmung ist entgegen der Auffassung des Klägers hinreichend bestimmt. Zwar fehlt eine nähere Angabe, worauf sich die jährliche Kontrolle beziehen soll. Angesichts der seit vielen Jahren stattfindenden Erfolgskontrollen kann zur Auslegung aber ohne Weiteres auf S.200, 2. Absatz, des Planfeststellungsbeschlusses zurückgegriffen werden. Dort werden die Berichte und Stellungnahmen, aus denen sich Einzelheiten zur Wirksamkeit der Erfolgskontrollen ergeben, in Bezug genommen.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Bundesverwaltungsgericht dem Europäischen Gerichtshof nicht – wie vom Kläger angeregt – die Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorlegen muss, ob im Rahmen einer Prüfung der FFH-Verträglichkeit eines Projekts im Sinne von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL die von einer Projektplanung vorgesehene Durchführung von Maßnahmen zur Schaffung oder Verbesserung von Habitatstrukturen von Arten nach Anhang II bereits auf der Ebene der Bewertung der Verträglichkeit der Auswirkungen berücksichtigt werden darf. Der Kläger geht bei seiner Fragestellung zu Unrecht davon aus, dass im vorliegenden Fall Maßnahmen zur Kohärenzsicherung, die erst im Rahmen einer Ausnahmeprüfung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL zu beachten sind, systemwidrig bereits auf der Ebene der Verträglichkeitsprüfung (Art. 6 Abs. 3 FFH-RL) berücksichtigt worden sind. Dies ist jedoch – wie soeben ausgeführt – nicht der Fall.
Die Einschätzung des Planfeststellungsbeschlusses, eine erhebliche Beeinträchtigung der Population der Gelbbauchunke – ebenfalls ein Erhaltungsziel im FFH-Gebiet „Trimberg bei Reichensachsen“ – könne ausgeschlossen werden, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Zwar kommt es durch das Vorhaben zu einer baubedingten Flächeninanspruchnahme von ca. 1 ha potentiell geeigneten Landlebensraums. Auch insoweit dürfen aber die vorgezogen durchgeführten Kompensationsmaßnahmen für den Kammmolch als Schadensvermeidungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Dass diese Maßnahmen aufgrund ihrer Nähe zu den Laichgewässern auch für die Gelbbauchunke wirksam werden, wird im Planfeststellungsbeschluss näher ausgeführt; der Kläger stellt dies auch nicht grundsätzlich in Frage. Soweit er – wie schon beim Kammmolch – auch bezüglich der Gelbbauchunke bemängelt, es lägen keine gesicherten Aussagen über die absolute Größe der Population vor, richtigerweise hätte man auch die Gelbbauchunke mit der Fang-Wiederfang-Methode erfassen müssen, kann auf die obenstehenden Ausführungen zum Kammmolch verwiesen werden. Dabei ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass Nachweise der Gelbbauchunke im Rahmen der Grunderfassung sowie bei den jährlichen Erfolgskontrollen auch durch Sichtbeobachtungen und Verhören erbracht wurden; im Übrigen wurde die Gelbbauchunke im Rahmen der oben beschriebenen Methodik zur Erfassung der Kammmolche mitberücksichtigt.
Anders als beim Kammmolch ist bei der Gelbbauchunke allerdings keine stabile Populationsgröße festzustellen. Vielmehr macht der Kläger zu Recht geltend, dass die Anzahl der im Rahmen der Erfolgskontrollen erfassten Individuen trotz der lebensraumverbessernden Maßnahmen stetig zurückgegangen ist. Immerhin konnten allerdings im Jahre 2010 erstmals in größerer Zahl auch juvenile und nicht nur adulte Tiere gefunden werden. Auch zeigte sich im Jahr 2011 eine leichte Bestandserholung, wenngleich auf einem insgesamt sehr niedrigen Niveau[32]. Der Bestandsrückgang ist jedoch nach den plausiblen Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung nicht auf das Vorhaben, sondern auf den illegalen Fischbesatz in den Gewässern, dem man mit einer Elektrobefischung entgegenzuwirken versucht, sowie insbesondere auf die direkte Nachbarschaft mit dem Kammmolch, der die Larven der Gelbbauchunken frisst, zurückzuführen. Die Rüge des Klägers, eine erhebliche Beeinträchtigung der Gelbbauchunke durch das Vorhaben könne schon deshalb nicht ausgeschlossen werden, weil deren Bestand im nunmehr ausgezäunten, als Habitat geeigneten Bereich nicht erfasst worden sei, kann nicht durchdringen. Der Gutachter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass es im ausgezäunten Bereich im Unterschied zum Kammmolch keine Nachweise der Gelbbauchunke gegeben habe, was sich mit dem Umstand decke, dass die Entfernung von dort zu den Teichen für diese nicht wandernden Tiere zu groß wäre. Der Kläger ist diesen überzeugenden Ausführungen nicht substantiiert entgegengetreten.
Den Bedenken des Klägers, dass das bislang in der Auflage A V 2.6 vorgesehene jährliche Monitoring ausschließlich den Kammmolch und nicht auch die Gelbbauchunke erfasse, hat der Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass er den Planfeststellungsbeschluss durch eine weitere Nebenbestimmung „2.7 Risikomanagement Gelbbauchunke“ ergänzt hat.
Der Planfeststellungsbeschluss hat die in der Natura 2000-Verordnung nicht als Erhaltungsziel enthaltene Bechsteinfledermaus aufgrund des im Jahr 2010 ermittelten signifikanten Vorkommens der Art vorsorglich in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen. Er geht ohne Rechtsfehler davon aus, dass sich das Vorhaben zwar im geringen Maße auf die Flugwege der Bechsteinfledermaus in der Zeit nach der Wochenstubenphase auswirken kann. Da Bechsteinfledermäuse sich bei ihren Flügen stark an Strukturen orientieren und zur Querung von Verkehrsstraßen insbesondere Unterführungen nutzen, können diese Beeinträchtigungen aber durch die für das Große Mausohr vorgesehenen schadensvermeidenden Schutzmaßnahmen (Unterführungsbauwerke sowie begleitende Kollisionsschutz- und Leiteinrichtungen) verhindert werden.
Der Auffassung des Klägers, die Trasse durchschneide zusätzlich zu den Annahmen des Planfeststellungsbeschlusses auch den südlichen Bereich des nachgewiesenen Aktionsraums („MCP“) der Bechsteinfledermaus-Kolonie, da der Bereich des Sengelbachs und weiter östlich der Bereich „Auf dem Sommergehau“ als Nahrungsraum genutzt werde, ist nicht zu folgen. Ebenso wenig hat der Planfeststellungsbeschluss betriebsbedingte Störwirkungen auf Nahrungsräume in diesem Bereich übersehen. Die südlich an die Wälder angrenzenden Gehölzstrukturen wurden dem Gutachten des Instituts für Tierökologie und Naturbildung, Fledermauskundliche Untersuchungen, Dezember 2010 (künftig: Fledermausgutachten) zufolge lediglich kurzfristig durch eine besenderte Fledermaus aufgesucht; von einem essentiellen Jagdgebiet kann daher keine Rede sein. Selbst wenn man dies anders sähe, wäre im Übrigen mit der großdimensionierten Unterführung am Sengelbach eine gefahrlose Unterquerung möglich.
Die Verträglichkeitsprüfung und ihr folgend der Planfeststellungsbeschluss haben die vorhabenbedingten Auswirkungen durch Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (abgekürzt: CL bewertet. Die Kritik des Klägers, die Prüfung der erheblichen Beeinträchtigung des Lebensraumtyps Waldmeister-Buchenwald durch Stickstoffeinträge sei fehlerhaft erfolgt, greift im Ergebnis nicht durch. Dabei kann das Bundesverwaltungsgericht offen lassen, ob das dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte methodische Konzept (sog. modellierte CL) in jeder Hinsicht bedenkenfrei ist, denn eine erhebliche Belastung des hier konkret in Rede stehenden LRT 9130 kann schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zu empirischen CL zuverlässig ausgeschlossen werden. Angesichts dessen erübrigt sich die vom Kläger angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.
Critical Loads (CL) sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen oder andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung eine Luftschadstoffdeposition auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte erwarten lässt. Um CL zu ermitteln, werden unterschiedliche methodische Ansätze verfolgt (empirische und modellierte CL). Als empirische CL werden die im sog. ICP-Manual veröffentlichten Arbeiten der Arbeitsgruppe Bobbink bezeichnet, die auf Erfahrungen und Felduntersuchungen beruhen. Sie benennen für 25 repräsentative europäische Vegetationstypen Spannbreiten der CL für eutrophierenden Stickstoffeintrag. Die empirischen CL werden auch als „Berner Liste“ bezeichnet, da sie im Jahre 2002 in Bern im Rahmen eines Experten-Workshops beraten und angenommen wurden. Die Liste beruht auf einer vergleichsweise dünnen Datenbasis empirischer Untersuchungen; den Wissenslücken wird durch die Einstufung der CL in drei „Zuverlässigkeits-Klassen“ Rechnung getragen.2010 wurde in Noordwijkerhout (Niederlande) ein weiterer Experten-Workshop durchgeführt; die dort revidierte „Berner Liste“ spiegelt den gegenwärtigen Erkenntnisstand in Bezug auf empirische CL wider. Demgegenüber werden modellierte CL aufgrund eines komplexen Rechenwerks standortbezogen ermittelt.
Das hier zugrunde gelegte Konzept geht von folgenden Prüfungsschritten aus: Zunächst wurde die Einhaltung der empirischen CL geprüft. Soweit für Lebensraumtypen keine empirischen CL vorlagen – etwa im Falle des prioritären Lebensraumtyps 91 E0 (Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior) – oder der empirische CL in einer Größenordnung von über 3 % bzw. der Wert von 0,30 kg N/ha/a für den niedrigsten empirischen CL von 10 kg N/ha/a durch die vorhabenbezogene Zusatzbelastung überschritten wurde, erfolgte eine vertiefende Prüfung der Planungsauswirkungen auf der Grundlage der standortspezifisch modellierten (dynamischen) CL. Die Modellierung erfolgte durch die Ö. GmbH auf der Grundlage des BERN-Modells in Verbindung mit dem DECOMP-Modell[33]. Die Grundlage für die Ermittlung der Hintergrundbelastung bildete der im Internet verfügbare Datensatz des Umweltbundesamtes für das Jahr 2007. Die konkrete Hintergrundbelastung im Prognosenullfall und im Planungsfall 2025 wurde – ebenfalls durch die Ö. GmbH – auf der Grundlage des sog. MFR-Szenariums[34] ermittelt. Dieses Szenarium berücksichtigt bei der zukünftigen Emissionsentwicklung die gegenwärtig vorhandenen technischen Reduzierungsmöglichkeiten der Stickstoffemissionen[35]. Bezüglich der Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung folgt die Planfeststellungsbehörde der Einschätzung der Fachgutachter hinsichtlich der Annahme einer 3 %-Irrelevanzschwelle eines CL; nach gesicherter fachwissenschaftlicher Einschätzung seien Zusatzbelastungen in dieser Größenordnung nicht in der Lage, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes signifikant einzuschränken.
Für den hier in Rede stehenden LRT 9130 wurde ein Stickstoffeintrag von 0,30 kg N/ha/a ermittelt, d.h. die 3 %-Schwelle von 0,30 kg N/ha/a für den niedrigsten empirischen CL von 10 kg N/ha/a wurde erreicht, aber nicht überschritten. Dennoch wurde vorsorglich ein standortspezifischer CL in Höhe von 17,9 kg N/ha/a berechnet. Als Hintergrundbelastung 2007 wurde ein Wert von 21,3 kg N/ha/a (modellierte Hintergrundbelastung für den Planfall 2025: 18,4 kg N/ha/a) angenommen. Der Anteil der vorhabenbedingten Zusatzdeposition wurde mit nur 1,2 % des CL als vernachlässigbar gering eingestuft.
Das Bundesverwaltungsgericht hält die vorstehend beschriebene Modellierung von standortspezifischen CL im Ansatz für schlüssig und nachvollziehbar. Das Bemühen um eine standortbezogene Präzisierung innerhalb der recht weiten Spanne empirischer CL auf einer größeren und genaueren Datenbasis leuchtet im Prinzip ebenso ein wie die Herleitung von CL für solche Lebensraumtypen, für die ein empirischer CL nicht vorliegt. Ebenso hält das Bundesverwaltungsgericht im Grundsatz die Berücksichtigung solcher Entlastungen im Rahmen der Prüfung der Hintergrundbelastung für überzeugend, die – etwa aufgrund bestehender gesetzlicher Vorgaben – gesichert zu erwarten sind. Allerdings handelt es sich bei dem zugrunde gelegten Konzept sogenannter modellierter/dynamischer CL des Unternehmens Ö. GmbH nach den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht um eine Standard-Methode. Vielmehr steht eine breite wissenschaftliche Diskussion über die Belastbarkeit der Ergebnisse noch aus[36]. Von daher ist zweifelhaft, ob sich der Planfeststellungsbeschluss tragend auf diese Methode stützen kann.
Darauf kommt es allerdings nicht an, weil eine erhebliche Belastung des hier in Rede stehenden LRT 9130 schon auf der Grundlage empirischer CL zuverlässig ausgeschlossen werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Bewertung von Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der empirischen CL bereits in früheren Entscheidungen gebilligt[37]; auch der Kläger wendet gegen diese Methode der Ermittlung von CL nichts ein. Ebenfalls hat das Bundesverwaltungsgericht bereits anerkannt, dass es nach neuestem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine Irrelevanzschwelle gibt; erst oberhalb dieser Schwelle ist die Zunahme der Stickstoffbelastung, zumal gegenüber einer ohnehin schon hohen Vorbelastung, als signifikant verändernd einzustufen[38].
An dieser Einschätzung hält das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren fest. Auch hier überschreitet die derzeitige Vorbelastung den niedrigsten empirischen CL-Wert deutlich. Dieser Wert liegt für sämtliche Buchenwald-Lebensraumtypen bei 10 kg N/ha/a, wobei die Spanne bis 20 kg N/ha/a reicht. Dabei berücksichtigt das Bundesverwaltungsgericht, dass die Zugrundelegung des Wertes 10 kg N/ha/a innerhalb der für alle europäischen Vegetationstypen geltenden Spannbreite schon einen erheblichen Sicherheitspuffer einschließt, zumal nach den überzeugenden Ausführungen der Gutachter des Beklagten wegen der regionalen Verhältnisse (hohe Niederschlagsmenge) ein Ansatz im oberen Bereich der Spannbreite des CL gerechtfertigt gewesen wäre. Die vorhabenbedingte Zusatzbelastung liegt hier bei genau 0,30 kg N/ha/a. Nach den Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung kann ausgeschlossen werden, dass es bei einer derart geringen Zusatzbelastung zu einer auch nur messbaren zusätzlichen Beeinträchtigung des LRT 9130 kommt[39].
Schon deshalb musste die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Bewertung der FFH-Verträglichkeit eines Projekts ausschließlich an wissenschaftlichen Kriterien ausgerichtet sein muss oder ob sie Verhältnismäßigkeitserwägungen einbeziehen darf, nicht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden. Aus demselben Grund muss das Bundesverwaltungsgericht sich nicht näher mit dem in der mündlichen Verhandlung in englischer Sprache überreichten Auszug aus „Nitrogen Deposition and Natura 2000“ – einer Zusammenfassung der Ergebnisse eines Workshops, der im Mai 2009 in Brüssel stattfand – befassen, der nach Auffassung des Klägers belegen soll, dass es für Irrelevanzschwellen („de minimis criteria“) keine wissenschaftlichen – wohl besser: keine naturfachlichen („in the absence of any sound ecological justification“) -, sondern allein politische Gründe geben kann.
Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der von ihm angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof ergänzend darauf hinweist, dass die Irrelevanzschwelle insbesondere beim Zusammentreffen mit weiteren Projekten zu Problemen führt, ist dies allerdings nicht von der Hand zu weisen. Überschreitet schon die Vorbelastung eines Natura 2000-Gebiets mit Schadstoffen die durch CL markierte Erheblichkeitsschwelle des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, so sind zur Beurteilung der Frage, ob Zusatzbelastungen des Gebiets durch ein zur Genehmigung gestelltes Projekt ausnahmsweise irrelevant und damit gebietsverträglich sind, neben den Auswirkungen dieses Projekts summativ auch diejenigen anderer bereits hinreichend verfestigter Projekte zu berücksichtigen[40]. Für den vorliegenden Fall sind die hiermit verbundenen Fragen jedoch nicht entscheidungserheblich. Der Planfeststellungsbeschluss hat – wie es rechtlich geboten ist – für beide FFH-Gebiete untersucht, ob kumulativ zu prüfende andere Projekte zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen; im Schriftsatz vom 25.02.2013 hat der Beklagte ergänzend klargestellt, dass sich die durchgeführte Kumulationsprüfung auch auf die Stickstoffbelastung von Lebensraumtypen erstreckt habe. Der Kläger ist dem nicht entgegengetreten.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. März 2013 – 9 A 22.11
- 1.[↩]
- 2.[↩]
- a[↩]
- b[↩]
- c[↩]
- d[↩]
- e[↩]
- f[↩]
- BVerwG, Urteile vom 14.04.2010 – 9 A 5.08, BVerwGE 136, 291 Rn. 38 ff.; und vom 06.11.2012 – 9 A 17.11[↩]
- stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 – 9 A 17.11, m.w.N.; vgl. zum Artenschutz EuGH, Urteil vom 14.06.2007 – C-342/05, Slg. 2007, I-4713 Rn. 29[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 07.09.2004 – C-127/02, Slg. 2004, I-7405 Rn. 58[↩]
- BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 a.a.O. m.w.N.; ebenso EuGH, Urteil vom 26.10.2006 – C-239/04, Slg. 2006, I-10183 Rn.20[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 07.09.2004 a.a.O. Rn. 54[↩]
- vgl. EuGH, Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405 Rn. 97; siehe auch BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 a.a.O. m.w.N [↩]
- BVerwG, Urteil vom 17.01.2007 – 9 A 20.05, BVerwGE 128, 1 Rn. 64[↩]
- stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 a.a.O. m.w.N[↩]
- Kommissionsleitfaden Artenschutz II.3.04.b[↩]
- Endbericht Rahmenbedingungen, Artensteckbrief zum Kammmolch A 196 ff.; bei der Umsiedlung geht es allerdings um eine solche in neu geschaffene oder optimierte ältere Gewässer und nicht – wie im vorliegenden Fall – um eine Umsiedlung allein in neue Landhabitate[↩]
- vgl. Kommissionsleitfaden Artenschutz Rn. 74 sowie Endbericht Rahmenbedingungen, Artensteckbrief zum Kammmolch A 196 ff.[↩]
- vgl. etwa Unterlage 12.0 Maßnahmen A 5.2 bis A 5.6 = Anlage von Steingruben, Ruderalfluren etc. sowie Maßnahme S 5.13 = dauerhafter Amphibienschutzzaun[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 – 9 A 17.11 – juris Rn. 32, zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen[↩]
- vgl. genauer zum methodischen Vorgehen Verfahrensakte Ordner 5 Bl. 51 ff. sowie Unterlage 12.6, Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet Trimberg, Endbericht 3.02.2011 S. 7 ff.[↩]
- vgl. Erfolgskontrolle der Schadensvermeidungsmaßnahmen am Trimberg, Stand: 28.09.2011, im Folgenden: Erfolgskontrolle 2011, S. 6 = Verfahrensakte Ordner 8 Bl. 151 R[↩]
- Erfolgskontrolle 2011, a.a.O. S. 3 ff.; Unterlage 12.6, Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet Trimberg, Endbericht 3.02.2011 S. 35 ff.[↩]
- vgl. Ortmann, Kammmolch-Monitoring-Krefeld, Diss.2009, S. 83[↩]
- vgl. hierzu die Nachweise im Endbericht Rahmenbedingungen, Artensteckbrief zum Kammmolch A 192[↩]
- Ortmann, a.a.O. S. 216[↩]
- a.a.O. S. 76[↩]
- a.a.O. S. 106 und S. 213[↩]
- vgl. Erfolgskontrolle 2011, a.a.O. S. 12, 19 und 28 f.[↩]
- S.199[↩]
- vgl. Erfolgskontrolle der Schadensvermeidungsmaßnahmen am Trimberg, Stand: 28.09.2011, S. 36 = Verfahrensakte Ordner 8 Bl. 166 R[↩]
- vgl. genauer Fachgutachten zur Ermittlung der Irrelevanzschwelle als Teil der Bewertung der FFH-Verträglichkeit bei Stickstoffdepositionen, bezogen auf die FFH-Gebiete „Trimberg bei Reichensachsen“ und „Werra- und Wehretal“, September 2011, S. 5 ff.[↩]
- Most Feasible Reduction[↩]
- z.B. Anwendung des aktuell besten technischen Standards bei der Abluftfilterung[↩]
- ebenso Balla/Müller-Pfannenstiehl/Lüttmann/Uhl, NuR 2010, 616, 621[↩]
- BVerwG, Urteile vom 12.03.2008 – 9 A 3.06, BVerwGE 130, 299 Rn. 109, vom 14.04.2010 – 9 A 5.08, BVerwGE 136, 291 Rn. 87; und vom 29.09.2011 – 7 C 21.09, Buchholz 406.254 URG Nr. 4 Rn. 41[↩]
- BVerwG, Urteil vom 06.11.2012 – 9 A 17.11; ebenso OVG NRW, Urteil vom 01.12.2011 – 8 D 58/08, NuR 2012, 342[↩]
- vgl. auch Balla/Müller-Pfannenstiehl/Lüttmann/Uhl, a.a.O., 623 „nicht mehr mit vertretbarer Genauigkeit berechenbar und von der Hintergrundbelastung abgrenzbar“[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 05.09.2012 – 7 B 24.12, NuR 2012, 784 Rn. 12[↩]