Wenn das zu vollstreckende Urteil keine bestimmte Frist zur Erfüllung der Verpflichtung enthält, ist die Voraussetzung des § 172 Satz 1 VwGO, dass die Behörde der ihr auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt, wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes schon dann gegeben, wenn abzusehen ist, dass die Planänderung nicht in dem Zeitrahmen vorgelegt werden wird, innerhalb dessen die Erstellung möglich und zumutbar ist.

Das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall auf den Vollstreckungsantrag des Vollstreckungsgläubigers zu Recht § 172 VwGO und nicht über § 167 Abs. 1 VwGO das Vollstreckungsrecht der Zivilprozessordnung angewandt.
Nach § 172 Satz 1 VwGO kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen die Behörde ein Zwangsgeld bis 10.000 Euro durch Beschluss androhen, wenn diese in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 VwGO der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Über die genannten Verpflichtungen aus Verpflichtungs- und Bescheidungsurteilen, Vollzugsfolgenbeseitigungsurteilen und einstweiligen Anordnungen hinaus ist § 172 VwGO entsprechend anwendbar bei der Erzwingung des Erlasses bzw. der Fortschreibung eines Luftreinhalteplans[1], obgleich dieser kein Verwaltungsakt ist, sondern seiner Rechtsnatur nach einer Verwaltungsvorschrift ähnelt[2], und sein Erlass im Wege der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen ist[3]. Insoweit schließt sich das Beschwerdegericht der Ansicht in Rechtsprechung und Literatur an, nach der § 172 VwGO entsprechend anwendbar ist bei der Erzwingung der Vornahme einer schlicht-hoheitlichen Handlung, für die die Behörde eine spezifisch hoheitliche Handlungsbefugnis mit einem Entscheidungsspielraum hat[4]. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Eine entsprechende Anwendung des § 172 VwGO im Wege der Analogie ist zulässig. Eine Analogie ist insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung entsprechend gilt, soweit sich aus der Verwaltungsgerichtsordnung nichts anderes ergibt, und – so die Gegenmeinung – es deshalb an einer ausfüllungsbedürftigen Lücke fehle[5]. Eine analoge Anwendung des § 172 VwGO mit dem Argument zu verneinen, die Vollstreckbarkeit sei wegen § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 883 ff. ZPO auch ohne Analogie gewährleistet, greift rechtsmethodisch zu kurz. In der Rechtstheorie ist anerkannt, dass sich die Zulässigkeit einer Analogie danach richtet, ob das Gesetz eine vom Gesetzgeber nicht gewollte normative Regelungslücke ausweist. Nicht erforderlich ist eine absolute Regelungslücke in dem Sinne, dass ohne die Analogie überhaupt keine sinnvolle Entscheidung des Streitfalls möglich wäre. Für eine Analogie genügt bereits die Herbeiführung einer systematisch stimmigeren, sachgerechteren und in sich näher am Willen des Gesetzgebers orientierenden Lösung[6]. Soll der Anwendungsbereich einer Ausnahmevorschrift (hier § 172 VwGO) von dem einer Regel- bzw. Auffangnorm (hier § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO) abgegrenzt werden, ist die Frage dahin zu stellen, ob das Eingreifen der Regel- bzw. Auffangnorm, oder eine – über den Wortlaut der Norm hinausgehende – Ausnahmeregelung im Plane des Gesetzgebers bzw. des Gesetzes liegt[7]. Unzulässig ist eine Analogie, wenn aus der Norm folgt, dass die Norm nur auf einen bestimmten Sachverhalt anwendbar sein soll[8]. Auch darf die Grenze zwischen zulässiger Rechtsfortbildung durch Lückenausfüllung im Wege der Analogie und unzulässiger Gesetzeskorrektur[9] nicht überschritten werden. Im Übrigen haben die Verwaltungsgerichte die Vollstreckungsvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung so auszulegen und anzuwenden, dass ein wirkungsvoller Schutz der Rechte des Einzelnen auch gegenüber der Verwaltung gewährleistet ist[10].
Entsprechend diesen Maßgaben hält das Oberverwaltungsgericht die Vollstreckung aus einem Urteil, welches wie vorliegend zur Schaffung eines verwaltungsvorschriftsähnlichen Planes verpflichtet, analog § 172 VwGO für zulässig. Ein erheblicher vollstreckungsrechtsrelevanter Unterschied zum Verwaltungsakt ist nicht ersichtlich, insbesondere keiner, der die Vorschrift des § 888 Abs. 2 ZPO geböte, wonach eine Androhung der Zwangsmittel nicht stattfindet. Im Gegenteil spricht das Gesetzgebungsmaterial eher dafür, dass die Androhung nicht nur dann der Festsetzung eines Zwangsgeldes vorzuschalten ist, wenn der Erlass eines Verwaltungsakts erwirkt werden soll, sondern auch in Fällen der vorliegenden Art. Soweit die Begründung des ursprünglichen Gesetzesvorschlags[11] lediglich auf „Verpflichtungsurteile“ abstellt, ist sie dadurch überholt, dass noch im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens die Verpflichtung aufgrund einstweiliger Anordnung Eingang in das Gesetz gefunden hat. Eine einstweilige Anordnung kann, wie übrigens auch der ausdrücklich nach § 172 VwGO zu vollstreckende Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO, nicht nur auf den Erlass eines Verwaltungsakts, sondern auch auf schlicht-hoheitliches Handeln gerichtet sein. § 168 des Gesetzesvorschlags zur VwGO (§ 172 VwGO) ist in Ergänzung zu § 167 des Gesetzesvorschlags zur VwGO (§ 170 VwGO), mit welchem die Besonderheiten bei der Vollstreckung von Geldforderungen gegen die öffentliche Hand Berücksichtigung gefunden haben, geschaffen worden. Die Einführung der Zwangsvollstreckung gegen die öffentliche Hand wurde als problematisch, aber mit Blick auf Artikel 19 Abs. 4 GG zur Gewährleistung umfassenden Rechtsschutzes als erforderlich angesehen[12]. Entscheidend für die Einführung des § 172 VwGO dürfte, wie oben bereits dargelegt, nicht allein die Sicherstellung der „Ausführung der Verpflichtungsurteile“ gewesen sein, sondern vielmehr einerseits die Schaffung eines Zwangs zur „Befolgung gerichtlicher Urteile durch die Behörden“ auch über Verpflichtungsurteile hinaus, und andererseits gleichzeitig eine Wahrung des Ansehens der Verwaltung. Insoweit heißt es in der Gesetzesbegründung:
„Diese Vorschrift soll die Ausführung der Verpflichtungsurteile auf jeden Fall sicherstellen. Der hiergegen erhobene Einwand, dass eine solche Vorschrift das Ansehen der Verwaltung schädige, ohne notwendig zu sein, greift nicht durch. Geschädigt wird das Ansehen der Verwaltung nur, wenn die Zwangsstrafe tatsächlich verhängt werden muss; dies zu vermeiden, liegt in der Hand der Verwaltung. Die Befolgung gerichtlicher Urteile durch die Behörden müsste freilich in einem Rechtsstaat eine Selbstverständlichkeit sein; doch hat gerade die Nachkriegserfahrung gelehrt, dass es in Ausnahmefällen auch Behörden gegenüber nicht ohne Zwang geht.“[13].
Der Grund für die Schaffung der Androhung, nämlich die Ermöglichung der Wahrung des Ansehens der Verwaltung, unterscheidet sich nicht danach, ob die Behörde zum Erlass eines Verwaltungsakts oder zu einem Verwaltungshandeln der vorliegenden Art verurteilt wurde; die Androhung ist in beiden Fällen gleichermaßen zweckmäßig. Dass die allgemeine Leistungsklage in § 172 VwGO nicht ausdrücklich mit aufgelistet wird, mag damit zu erklären sein, dass in der VwGO eine spezielle Regelung zur Tenorierung derartiger Verfahren, auf die der Gesetzgeber hätte verweisen können, fehlt[14].
Auch das Vorbringen der Vollstreckungsschuldnerin, dass eine analoge Anwendung des § 172 VwGO auf den vorliegenden Fall unzulässig sei, weil ihr ein Abwägungsspielraum eingeräumt und eine Bestimmung des Inhalts des Luftreinhalteplans nicht möglich sei, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Dass der Behörde ein Beurteilungsspielraum zusteht oder eine Entscheidung in ihrem Ermessen steht, ist in Fällen von Bescheidungsklagen und einstweiligen Anordnungen, die ausdrücklich von § 172 VwGO erfasst sind, nicht unüblich. Der Umstand, dass die zu erzwingende behördliche Maßnahme komplexeren Inhalts ist, befreit die Behörde nicht von der Vollstreckbarkeit der sie verpflichtenden Gerichtsentscheidung. Nichts anderes gilt für den planerischen Gestaltungsspielraum, den die Vollstreckungsschuldnerin bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans hat.
Die Vollstreckungsschuldnerin stützt sich in diesem Zusammenhang auch nicht erfolgreich auf den Beschluss des Hess. VGH vom 11.05.2016[15]. Sie meint, ihr sei – anders als in dem vom Hess. VGH entschiedenen Fall, in dem die Behörde zur Errichtung einer Umweltzone verpflichtet worden sei – vom Verwaltungsgericht kein bestimmtes konkretes Tun auferlegt worden. Dieser Vortrag betrifft indes nicht die Anwendbarkeit des §172 VwGO bzw. die Frage der Analogie. Dementsprechend stellt auch der Hess. VGH die Anwendbarkeit des § 172 VwGO nicht in Frage.
Für den Antrag nach § 172 VwGO besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Der Vollstreckungsgläubiger macht geltend, dass die Vollstreckungsschuldnerin ihrer Verpflichtung aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 05.11.2014 nicht hinreichend nachkomme. Dass diese Behauptung unzutreffend wäre, ist nicht offenbar. Insbesondere garantiert der Umstand, dass die Vollstreckungsschuldnerin – wie sie vorträgt – kontinuierlich an der Fortschreibung des Luftreinhalteplans arbeitet, nicht ohne Weiteres die geschuldete Änderung des Luftreinhalteplans. Erst recht reicht es für ein Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses nicht aus, spätestens mit Zustellung des Titels mit der Erfüllungshandlung begonnen zu haben[16].
Die Voraussetzungen für die Androhung des Zwangsgeldes nach § 172 Satz 1 VwGO sind erfüllt.
Der Vollstreckungsgläubiger hat gemäß § 172 Satz 1 VwGO einen Antrag auf Androhung eines Zwangsgeldes an das Verwaltungsgericht Hamburg, dem Gericht des ersten Rechtszugs, gestellt.
Vollstreckungstitel gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 05.11.2014[17]. Das Urteil ist vollstreckungsfähig, insbesondere verpflichtet es die Vollstreckungsschuldnerin in hinreichend bestimmter Weise. Die für die Vollstreckbarkeit erforderliche hinreichende Bestimmtheit des Vollstreckungstitels besteht, wenn sich aus ihm Art und Umfang der zu vollstreckenden Handlung sowie die Personen ergeben, für und gegen die sie stattfinden soll. Maßgeblich ist der Tenor, ergänzend können die Entscheidungsgründe zur Auslegung herangezogen werden[18].
Dass das Verwaltungsgericht Hamburg in seinem Urteil vom 05.11.2014, in dem es die Vollstreckungsschuldnerin verurteilt hat, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthält, dem Bestimmtheitserfordernis genügt, folgt aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2013[19], dem ein Urteil mit gleichlautendem Tenor zugrunde lag. Im Zusammenhang mit dem Bestimmtheitserfordernis führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Benennung allein des durch die Ergänzung des Luftreinhalteplans zu erreichenden Ziels spiegele die planerische Gestaltungsfreiheit wieder, die das Gesetz der Behörde einräume. Insoweit unterscheide sich die Rechtslage nicht von sonstigen Fallkonstellationen, in denen nur ein Erfolg geschuldet werde, während die Wahl der geeigneten Maßnahmen Sache des Schuldners bleibe[20]. Ergänzende Vorgaben zum Inhalt der Fortschreibung des Luftreinhalteplans verlangt das Bundesverwaltungsgericht für die Einhaltung des Bestimmtheitserfordernisses nicht. Auch die Verpflichtung zu einer „schnellstmöglichen“ Zielerreichung ohne weitere ausdrückliche zeitliche Befristung hat das Bundesverwaltungsgericht gebilligt[21]. Des Weiteren hat das Bundesverwaltungsgericht nicht bemängelt, dass im Urteil nicht festgelegt worden war, innerhalb welcher Frist die Änderung des Luftreinhalteplans vorzunehmen war.
Ob die Zustellung des Vollstreckungstitels eine Vollstreckungsvoraussetzung ist (vgl. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 750 Abs. 1 Satz 1, 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO), oder ob es ausreicht, dass das Urteil rechtskräftig geworden ist[22], kann offen bleiben. Der Vollstreckungstitel in Form des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2014 ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteils ist der Vollstreckungsschuldnerin am 17.03.2015 seitens des Verwaltungsgerichts von Amts wegen zugestellt worden.
Einer Vollstreckungsklausel bedarf es im vorliegenden Fall entsprechend § 171 VwGO nicht. Seinem Wortlaut nach befreit diese Vorschrift die Vollstreckung lediglich in den Fällen der §§ 169, 170 Abs. 1 bis 3 VwGO vom Erfordernis einer Vollstreckungsklausel. § 171 VwGO ist entsprechend auf die Vollstreckung nach § 172 VwGO anzuwenden. Dies dürfte herrschende Meinung sein und wird damit begründet, dass bei der Vollstreckung nach § 172 VwGO, wie in den Fällen der §§ 169, 170 Abs. 1 bis 3 VwGO, das Gericht des ersten Rechtszugs oder dessen Vorsitzender Vollstreckungsbehörde ist und es nicht sinnvoll wäre, dem Gericht eine vollstreckbare Ausfertigung vorzulegen, die von ihm zuvor selbst erteilt worden ist[23]. Eine Vollstreckungsklausel ist zudem nicht erforderlich. Sie soll vor mehrmaliger Vollstreckung aus demselben Titel schützen. Diese Gefahr besteht, wenn, wie im Zivilprozessrecht, verschiedene Vollstreckungsorgane tätig werden können, nicht aber, wenn ausschließlich das Gericht des ersten Rechtszugs für die Vollstreckung zuständig ist[24]. Außerdem ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, dass die Vollstreckungsklausel „zur Vereinfachung“ entfallen soll, wenn – wie vorliegend – gegen die öffentliche Hand nicht nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung vollstreckt wird[25]. Die Gegenansicht[26] stützt sich auf Rechtsprechung, die entweder Unterlassungsfälle betrifft, auf die über § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Zivilprozessordnung anwendbar ist[27] oder aus der das Erfordernis einer Klausel – soweit ersichtlich – gar nicht oder allenfalls indirekt hervorgeht[28].
Die Vollstreckungsschuldnerin kommt der ihr im Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 05.11.2014 auferlegten Verpflichtung nicht nach. Diese in § 172 Satz 1 VwGO ausdrücklich normierte Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn der Verpflichtung unzureichend nachgekommen wird[29]. Die Androhung eines Zwangsgeldes setzt stets eine grundlose Säumnis in der Erfüllung der vom Gericht auferlegten Pflichten voraus[30]. War es der Behörde möglich und zuzumuten, der ihr durch Urteil auferlegten Verpflichtung in der seit dem Eintritt der Rechtskraft verstrichenen Zeit nachzukommen, ist die Säumnis grundlos[31]. Das ist hier der Fall.
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat die Vollstreckungsschuldnerin mit dem Tenor des Urteils vom 05.11.2014 zur Änderung des derzeit in der 1. Fortschreibung vom 28.12 2012 gültigen Luftreinhalteplans dergestalt verpflichtet, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³ enthält. In den Entscheidungsgründen bestimmt das Verwaltungsgericht diese Verpflichtung näher, in dem es unter Hinweis auf § 47 Abs. 1 BImSchG und Art. 23 Abs. 1 RL 2008/50/EG präzisiert, dass die Maßnahmen des Luftreinhalteplans geeignet sein müssen, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten ( 26)), aufzählt, welche Maßnahmen dem nicht genügen ( 34 – 48)), die Notwendigkeit einer zeitnahen Verminderung der NO2-Belastung betont ( 47)), konkret vorgibt, was die Vollstreckungsschuldnerin zu prüfen haben wird ( 50, 51)) und erklärt, dass die Verurteilung zukunftsgerichtet sei und dazu diene, die Luftschadstoffbelastung in möglichst naher Zukunft auf die vorgegebenen Grenzwerte zu beschränken ( 49)). Das Verwaltungsgericht weist ausdrücklich darauf hin, dass bei der Gewichtung der zu ermittelnden Maßnahmen dem gesetzlich vorgegebenen und dem Gesundheitsschutz dienenden Ziel der NO2-Verminderung angesichts des seit damals bereits annähernd fünf Jahren verbindlich einzuhaltenden Grenzwertes ein hoher Stellenwert einzuräumen sei ( 50)).
Eine Frist, innerhalb der die Vollstreckungsschuldnerin die Änderung des Luftreinhalteplans vorzunehmen hat, geht aus dem Urteil vom 05.11.2014 nicht hervor. Auch der Umstand, dass das Verwaltungsgericht in dem Vollstreckungsbeschluss vom 18.07.2016 zur Umsetzung des zu vollstreckenden Urteils eine Frist von zwei Jahren ab Eintritt der Rechtskraft des Urteils (hier: 17.04.2017) für angemessen gehalten hat, führt nicht dazu, dass die Frist zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem Urteil als auf den 17.04.2017 bestimmt anzusehen ist. Soweit in der Rechtsprechung eine Klarstellung des Titelinhalts anhand von im Vollstreckungsverfahren gemachten Konkretisierungen zugelassen wird, wird gefordert, dass das Vollstreckungsverfahren in einer Weise ausgestaltet war, die die gleiche Gewähr für eine sachrichtige Entscheidung wie ein reguläres Erkenntnisverfahren bietet, also grundsätzlich eine mündliche Verhandlung verlangt[32] Das ist hier nicht der Fall; der Vollstreckungsbeschluss vom 18.07.2016 ist erlassen worden, ohne dass die Beteiligten mündlich angehört worden sind.
Dass das Verwaltungsgericht in dem zu vollstreckenden Urteil eine Frist, innerhalb der die Änderung des Luftreinhalteplans zu erfolgen habe, nicht genannt hat, steht der Vollstreckung aber nicht entgegen. Insbesondere macht das Fehlen einer Fristsetzung den Vollstreckungstitel nicht unbestimmt[33].
Wenn das zu vollstreckende Urteil – wie vorliegend – keine bestimmte Frist zur Erfüllung der Verpflichtung enthält, ist die Voraussetzung des § 172 Satz 1 VwGO, dass die Behörde der ihr auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt, gegeben, wenn die Behörde ihrer durch Urteil auferlegten Verpflichtung in der seit dem Eintritt der Rechtskraft verstrichenen Zeit nicht nachkommt, obwohl ihr dies möglich und zuzumuten war. Der Antrag auf Androhung des Zwangsgeldes nach § 172 VwGO darf gestellt werden, wenn die Behörde ihre Pflicht nicht erfüllt hat, obwohl sie ausreichend Zeit dazu hatte[34]. Das bedeutet in Fällen, in denen die Behörde zur Vornahme einer schlicht-hoheitlichen Handlung in Form der Änderung eines Luftreinhalteplans verpflichtet ist, nicht, dass die Behörde erst dann säumig ist, wenn die Fertigstellung der Planänderung am Ende des Zeitrahmens ausbleibt, obwohl ausreichend Zeit zur Erstellung bestanden hatte. Vielmehr kommt die Behörde ihrer Verpflichtung auch schon dann nicht (zureichend) nach, wenn abzusehen ist, dass die Planänderung nicht in dem Zeitrahmen vorgelegt werden wird, innerhalb dessen die Erstellung möglich und zumutbar ist. Dies folgt aus der Forderung des Art.19 Abs. 4 GG nach effektivem Rechtsschutz. Der Rechtsschutz ist nur umfassend, wenn eine wirkungsvolle Vollstreckung des verwaltungsgerichtlichen Urteils gewährleistet ist[35]. Die Vollstreckung wäre nicht hinreichend wirkungsvoll, wenn die Androhung des Zwangsgeldes erst nach vollständigem Verstreichen der Erfüllungsfrist erfolgen dürfte, obgleich vorher abzusehen ist, dass die Planänderung trotz Möglichkeit und Zumutbarkeit nicht zeitgerecht gemäß der gerichtlichen Vorgaben erfolgen wird.
Vor diesem Hintergrund ist im vorliegenden Fall die Voraussetzung des § 172 Satz 1 VwGO, dass die Behörde der ihr auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt, gegeben. Der Vollstreckungsschuldnerin war es objektiv möglich und zumutbar, den in der Fassung der 1. Fortschreibung vom 28.12 2012 vorliegenden Luftreinhalteplan für die Freie und Hansestadt innerhalb von zwei Jahren ab der am 17.04.2015 erfolgten Zustellung des Urteils vom 05.11.2014 – mithin bis zu 17.04.2017 – urteilsgemäß zu ändern. Dass eine Planänderung innerhalb von – längstens – zwei Jahren objektiv möglich und zumutbar ist, ergibt sich aus Art. 23 Abs. 1 RL 2008/50/EG, der § 47 BImSchG zugrunde liegt. Darin ist der Richtliniengeber davon ausgegangen, dass die erstmalige Erstellung eines Luftreinhalteplans in zwei Jahren möglich ist. Erst recht muss die Zeitspanne von zwei Jahren für die bloße Änderung eines Luftreinhalteplans ausreichend sein. Das gilt allzumal angesichts dessen, dass nach der Anlage XI der Richtlinie 2008/50/EG – worauf auch das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 05.11.2014[36] hingewiesen hatte – der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m³ zum Schutz der menschlichen Gesundheit bereits zum 1.01.2010 einzuhalten war. Vor diesem Hintergrund steht fest, dass es regeltypisch möglich und zumutbar ist, die Fortschreibung des Luftreinhalteplans in nicht mehr als zwei Jahren zu bewerkstelligen. Darauf hatte sich die Vollstreckungsschuldnerin einzustellen.
Gründe, die es rechtfertigten, der Vollstreckungsschuldnerin einen über den vom Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss – mit zwei Jahren großzügig bemessenen – hinausgehenden, außerordentlichen Zeitbedarf für die Änderung des Luftreinhalteplans zuzubilligen, sind nicht ersichtlich und von dieser auch nicht vorgetragen worden. Vorgetragen hat die Vollstreckungsschuldnerin lediglich ihre einzelfallbezogene Terminplanung; dargelegt, dass die Einhaltung der vom Richtliniengeber vorgesehene Bearbeitungszeit objektiv unmöglich sei, hat die Vollstreckungsschuldnerin nicht.
Dass die Vollstreckungsschuldnerin ihre Verpflichtung aus dem Urteil vom 05.11.2014 nicht bis zum 17.04.2017 erfüllen wird, geht aus ihrem Vortag hervor, den Luftreinhalteplan im Sommer 2017 vorlegen zu wollen.
Die Höhe des vom Verwaltungsgericht angedrohten Zwangsgeldes von 5.000 Euro begegnet keinen rechtlichen Bedenken und ist von der Vollstreckungsschuldnerin auch nicht beanstandet worden.
Die vom Verwaltungsgericht – über die zweijährige Erfüllungsfrist hinausgehende – bis zum 30.06.2017 gesetzte Frist des § 172 Satz 1 VwGO für die Abwendung des Zwangsgeldes erscheint angemessen und ist auch von der Vollstreckungsschuldnerin nicht angegriffen worden.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Februar 2017 – 1 So 63/16
- VG Stuttgart, Beschluss vom 14.08.2009, 13 K 511/09 32, nicht beanstandet von VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 15.07.2010, 10 S 2400/09, juris; konkludent Hess. VGH, Beschlüsse vom 11.05.2016, 9 E 448/16 18, und 9 E 450/16 17; VG München, Beschluss vom 21.06.2016, M 1 V 15.5203 17 f.[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 11.07.2012, 3 B 78/11, NVwZ, 2012, 1175 10; BVerwG, Beschluss vom 29.03.2007, 7 C 9/06, BVerwGE 128, 278 27[↩]
- BVerwG, Urteil vom 5.09.2013, 7 C 21/12, BVerwGE 147, 312 18[↩]
- vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.09.2006, 5 OB 194/06, NVwZ-RR 2007, 139 11; i. E. so auch Hess. VGH, Beschluss vom 11.05.2016, 9 E 448/16, ZUR 2016, 432 18; Beschluss vom 11.05.2016, 9 E 448/16 17, 26; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl.2016, § 172 Rn. 1; Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl.2014, § 172 Rn. 29 ff., 41; Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Feb.2016, § 172 Rn. 18; Kraft in Eyermann, VwGO, 14. Aufl.2014, § 172 Rn. 4; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl.2016, § 172 Rn. 5[↩]
- so aber VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.02.2013, 10 S 81/13, NVwZ-RR 2013, 541 3, Beschluss vom 29.08.2012, 10 S 1085/12, Justiz 2013, 118 3 und Beschluss vom 25.06.2003, 4 S 118/03, NVwZ-RR 2004, 459 1 sowie jedenfalls i. E. Thür. OVG, Beschluss vom 18.01.2010, 2 VO 327/08, ThürVGRspr.2010, 133 8 ff.; i. E. so auch BayVGH, Beschluss vom 7.03.2002, BayVBl.2003, 375 3 sowie Roth, VerwA 2000, S. 12 ff., der allerdings eine analoge Anwendbarkeit des § 172 VwGO nicht grundsätzlich ablehnt, S. 24[↩]
- Roth, a. a. O. S. 23, 24[↩]
- vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 11. Aufl.2010, S. 243[↩]
- vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl.1991, S. 390[↩]
- vgl. dazu grundlegend BVerfG, Beschluss vom 14.02.1973, 1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269 38 ff.; Rüthers, Rechtstheorie, 9. Aufl.2016, S. 501 ff.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 9.08.1999, 1 BvR 2245/98, DVBl.1999, 1646 7[↩]
- damals noch § 168 VwGO, BT-Drs. 2/462 S. 49[↩]
- BT-Drs. 2/462 S. 48[↩]
- BT-Drs. 2/462 S. 49[↩]
- Pietzner/Möller in Schoch a. a. O. Rn. 18[↩]
- Hess. VGH, Beschluss vom 11.05.2016 – 9 E 450/16[↩]
- a. A. für den Fall der Verpflichtung zur Neubescheidung Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl.2014, § 172 Rn. 58[↩]
- 9 K 1280/13[↩]
- vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl.2016, § 704 Rn. 4; vgl. auch Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl.2014, § 168 Rn. 14; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.07.2011, 3 O 475/10, NVwZ-RR 2012, 126 6 ff.; BayVGH, Beschluss vom 28.04.2008, 11 C 05.2592 12[↩]
- BVerwG, Urteil vom 05.09.2013 – 7 C 21/12, BVerwGE 147, 312[↩]
- BVerwG a. a. O 55[↩]
- BVerwG a. a. O. Rn. 59[↩]
- so mit Blick auf § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO wohl BayVGH, Beschluss vom 12.07.2007, 11 C 06.868 35[↩]
- OVG NRW, Beschluss vom 10.07.2006, 8 E 91/06, DÖV 2006, 923 14; Beschluss vom 23.06.2010, 8 E 555/10, NWVBl.2011, 191 4; BayVGH, Beschluss vom 19.10.2005, 22 C 05.2553 14[↩]
- vgl. Baumbach/Lauterbach /Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl.2017, § 888 Rn. 18, § 724 Rn. 2; vgl. auch Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 171 Rn. 12[↩]
- BT-Drs. 3/1094, S. 15 zu § 167a VwGO[↩]
- Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl.2016, § 171 Rn. 1; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl.2014, § 172 Rn. 4; Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl.2014, § 172 Rn. 6[↩]
- VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.05.1992, 10 S 379/92, NVwZ-RR 1933, 520 3; Beschluss vom 12.01.1995, 10 S 488/94, NVwZ-RR 1995, 619[↩]
- VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.07.1977, IX 1995/77, NJW 1978, 287, juris nur Leitsatz; ohne Begründung auch: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.04.2011, 5 L 15.11 11, und OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.09.2006, 5 OB 194/06[↩]
- BayVGH, Beschluss vom 19.10.2005, 22 C 05.2553 15; Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl.2014, § 172 Rn. 59[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 30.12.1968, I WB 31.68, BVerwGE 33, 230 <232>[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2001, 2 AV 3/01, NVwZ-RR 2002, 314 2; Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl.2014, § 172 Rn. 58[↩]
- BayVGH, Beschluss vom 12.07.2007, 11 C 06. 868 33[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2001, 2 AV 3/01, NVwZ-RR 2002, 314 2; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 5.09.2013, 7 C 21/12, BVerwGE 147, 312[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2001, 2 AV 3/01, NVwZ-RR 2002, 314 2[↩]
- vgl. BT-Drs. 2/462 S. 48[↩]
- VG Hamburg, Urteil vom 05.11.2014 – 9 K 1280/13 50[↩]