Prüfung abfallrechtlicher Begleitscheine

Die Überprüfung abfallrechtlicher Begleitscheine (§ 43 Abs. 1 KrW-/AbfG i.V.m. §§ 10 f. NachwV) kann durch Landesrecht mit einer Gebühr belegt werden[1].

Prüfung abfallrechtlicher Begleitscheine

Die aufgrund von § 45 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes – KrW-/AbfG -[2] erlassene Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen – Nachweisverordnung, NachwV[3] – entfaltet keine Sperrwirkung im Sinne von Art. 84 Abs. 1 Satz 5 GG für die hier streitige Gebührenfestsetzung.

Nach der Kompetenzregelung des Art. 84 Abs. 1 Satz 5 GG kann der Bund in Ausnahmefällen wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Zwar hat der Bund von dieser Möglichkeit durch § 63a KrW-/AbfG[4] Gebrauch gemacht, so dass die verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen zur Nachweisführung (§ 43 KrW-/AbfG i.V.m. §§ 10, 11 NachwV) abweichungsfest sind. Durch die hier in Rede stehenden landesrechtlichen Bestimmungen des Saarlandes, auf die der streitige Gebührenbescheid gestützt ist (§ 5 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 800 über die Erhebung von Verwaltungs- und Benutzungsgebühren im Saarland[5] – SaarlGebG – i.V.m. Unternummer 6.11 der Nr. 2 „Abfallrechtliche Angelegenheiten“ der Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses[6]) werden diese verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen jedoch nicht geändert. Vielmehr knüpfen die – rein gebührenrechtlichen – Bestimmungen ausdrücklich an die „Amtshandlungen aufgrund Nachweisverordnung“ an (vgl. Nr. 2 Unternummer 6 des Allgemeinen Gebührenverzeichnisses); die konkret streitige Gebühr wird für die „Bearbeitung eines Begleitscheines nach §§ 15 f. NachwV“ erhoben (vgl. Nr. 2 Unternummer 6.11 des Allgemeinen Gebührenverzeichnisses).

Die Gebührenerhebung scheitert auch nicht daran, dass die Nachweisverordnung eine „Bearbeitung eines Begleitscheines“ gar nicht vorsieht, wie die Beschwerde meint. Die Nachweisverordnung regelt die Führung von Nachweisen und Registern über die Entsorgung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen (§ 1 Abs. 1 NachwV). Die Nachweisführung im Sinne von § 43 KrW-/AbfG erfolgt im Falle der Verbleibkontrolle durch die Erklärungen über den Verbleib der entsorgten Abfälle gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde. Hierfür sind Begleitscheine zu verwenden, von denen zwei Ausfertigungen für die zuständige Behörde bestimmt sind (§ 10 NachwV). Diese Ausfertigungen dienen als Beleg über die Annahme der Abfälle durch den Abfallentsorger vom Abfallbeförderer (§ 11 Abs. 3 NachwV). Eine der Ausfertigungen hat die zuständige Behörde nach Erhalt an die für den Abfallerzeuger zuständige Behörde zu übersenden. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz und die Nachweisverordnung sollen insgesamt sicherstellen, dass die Entsorgung der gefährlichen Abfälle im Sinne von §§ 42, 43 KrW-/AbfG ordnungsgemäß erfolgt und die Stoffströme nachvollziehbar bleiben. Dem wird nur genügt, wenn die zuständige Behörde die Begleitscheine auf ihre Richtigkeit prüft, indem sie, wie es das Berufungsgericht festgestellt hat, die Übereinstimmung von Entsorgungsnachweis und Begleitschein kontrolliert, bevor sie eine Ausfertigung an die für den Abfallerzeuger zuständige Behörde übersendet (§ 11 Abs. 4 NachwV), auch wenn dieser Prüfschritt nicht wörtlich dem Gesetz zu entnehmen ist[7]. Mit dem Gesetzeszweck wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die zuständige Landesbehörde die Ausfertigung, die für die für den Abfallerzeuger zuständige Behörde bestimmt ist, ohne jegliche Überprüfung etwa auf Vollständigkeit übersenden und eine Ausfertigung schlicht zu den Akten nehmen würde. Ein solches Vorgehen würde der vom Gesetz intendierten Überwachung des gesamten Entsorgungsvorgangs und der Nachvollziehbarkeit der einzelnen Entsorgungsschritte nicht gerecht[8].

Durch die Änderung von §§ 42 und 43 KrW-/AbfG durch das Gesetz vom 15.07.2006[9] hat sich an dieser Einschätzung nichts geändert. Zwar ist in der Neufassung der Passus in § 42 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG a.F., auf den § 43 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG a.F. Bezug nimmt (die zuständige Behörde kann anordnen, dass Besitzer von Abfällen … die Nachweisbücher und Belege der zuständigen Behörde zur Prüfung vorzulegen haben), entfallen. Daraus lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, der Gesetzgeber habe die Kontrollpflichten dahingehend gelockert, dass die Prüfung der Belege nicht mehr durchgeführt werden müsste und auch nicht dürfte, wie die Beschwerde meint. Eine solche Gesetzesauslegung widerspräche dem Sinn und Zweck des Gesetzes und war mit der Neufassung, die der Vereinfachung dienen, die die Möglichkeiten moderner Kommunikationstechniken im abfallrechtlichen Nachweisverfahren ausschöpfen und die Vorschriften an europäisches Recht anpassen sollte[10] auch nicht beabsichtigt. Die Begleitscheine sind vielmehr innerhalb des systematischen Zusammenhangs aus Vorab- und Verbleibkontrolle[11] ein wesentlicher Teil der Überprüfung des Entsorgungsvorgangs, dessen Ordnungsgemäßheit der zuständigen Behörde gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG insgesamt nachzuweisen ist.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. Oktober 2014 – 9 B 1.2014 –

  1. im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 13.05.2008 – 9 B 61.07, Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 49[]
  2. in der hier maßgebenden Fassung vom 15.07.2006, BGBl I S. 1619[]
  3. vom 20.10.2006, BGBl I S. 2298[]
  4. vom 09.12 2006, BGBl I S. 2819[]
  5. vom 24.06.1964, ABl S. 629, in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes Nr. 1544 zur Neuordnung des Saarländischen Bauordnungs- und Bauberufsrechts vom 18.02.2004, ABl S. 822[]
  6. in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.02.1984, ABl S. 381, geändert durch Art. 4 des Gesetzes Nr. 1590 zur Neuordnung der Sonderabfallüberwachung vom 15.03.2006, ABl S. 602[]
  7. so zutreffend OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.05.2009 – 7 A 11398/08 – LKRZ 2009, 340, 341; vgl. dazu auch Anm. Kropp, AbfallR 2009, 254[]
  8. vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2008 – 9 B 61.07, Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 49 Rn. 18 zu §§ 42 und 43 KrW-/AbfG i.d.F. vom 27.09.1994, BGBl I S. 2705; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.05.2009 a.a.O.; in diesem Sinn auch Kropp, LKRZ 2007, 420, 422; Deigert/Lukyanova, AbfR 2011, 134, 135[]
  9. BGBl I S. 1619[]
  10. vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 16/400 S. 1 ff.; Stöhr, ZUR 2007, 77, 79 f.[]
  11. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.05.2009 a.a.O.; v. Komorowski, in: Jarass/Petersen/Weidmann, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Stand Februar 2010, § 43 KrW-/AbfG B 100 Rn. 140[]