Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufrechts ist im Verhältnis zu anderen Möglichkeiten eines wirksamen behördlichen Naturschutzes nicht subsidiär.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 48 NNatG[1] ist nicht wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick darauf ermessensfehlerhaft, dass der Naturschutzbehörde möglicherweise auch durch einen Vertrag mit dem Grundstückseigentümer nach § 29 Abs. 3 Satz 1 NNatG „eine den naturschutzfachlichen Erfordernissen entsprechende Bewirtschaftung der betroffenen Bergwiesen“ hätte erreichen können. Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufrechts ist nämlich im Verhältnis zu anderen Möglichkeiten eines wirksamen behördlichen Naturschutzes nicht subsidiär[2]. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird bei der Ausübung dieses Vorkaufrechts dadurch Rechnung getragen, dass es zum einen nach § 48 Abs. 3 Satz 2 NNatG nur dann ausgeübt werden darf, wenn das Grundstück für Naturschutz (wie im vorliegenden Fall) und Landschaftspflege oder die Erholung der Allgemeinheit in Natur und Landschaft verwendet werden soll, und dass zum anderen in dem Fall, dass das Grundstück nicht in angemessener Zeit zu diesem, nach § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatG anzugebenden Zweck verwendet wird, der frühere Käufer nach § 48 Abs. 3 Satz 4 NNatG gegen Erstattung des Kaufpreises dessen Übereignung verlangen kann. Sind die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, so kann die Behörde daher in der Regel von diesem Vorkaufsrecht ebenso Gebrauch machen wie von der Möglichkeit eines Vertragsschlusses nach § 29 Abs. 3 Satz 1 NNatG oder einer beispielsweise auf § 29 Abs. 1 Satz 2 NNatG gestützten Anordnung im Einzelfall, ohne dass sie insofern eine bestimmte Reihenfolge einzuhalten hätte.
Zudem liegt es (auch ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts) auf der Hand, dass die durch die Ausübung des Vorkaufsrechts erlangte Eigentümerstellung der Naturschutzbehörde umfassende Möglichkeiten für einen wirksamen Naturschutz eröffnet, die die Naturschutzbehörde in dieser Form durch den vom Kläger als alternative Handlungsmöglichkeit angeführten Vertragsschluss nach § 29 Abs. 3 Satz 1 NNatG wegen der schwächeren rechtlichen Stellung als bloßer Vertragspartner nicht erlangen könnte. Es handelt sich deshalb insofern regelmäßig nicht um gleichermaßen geeignete Handlungsalternativen. Auch aus diesem Grunde scheidet hier daher eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Februar 2011 – 4 LA 30/10
- in der hier maßgeblichen, bis zum 28. Februar 2010 gültig gewesenen Fassung[↩]
- ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.12.2001 – 2 L 342/00; Hessischer VGH, Urteil vom 18.01.1996 – 3 UE 2544/93, NVwZ-RR 1996, 500[↩]