Landenten mit Federhauben weisen so viele genetische Defekte auf, dass fraglich ist, ob ihre Zucht gegen das Tierschutzgesetz verstößt. Ein Zuchtverbot für Landenten mit Federhaube darf gleichwohl nicht ausgesprochen werden.

In dem vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fall züchtete der Kläger seit 1998 Landenten mit Haube. Mit Bescheid vom 11. November 2002 untersagte ihm der Landrat des Vogelsbergkreises diese Zucht, insbesondere mit den im Besitz des Klägers befindlichen Landenten, mit der Begründung, die Züchtung der Tiere verstoße gegen das Tierschutzgesetz, weil nach vorliegenden Gutachten bei der Züchtung von Enten mit dem Merkmal „Federhaube“ häufiger, als zufällig zu erwarten wäre, kranio-zerebrale Missbildungen (Schädeldefekte, intrakraniale Lipome, Hirndeformationen, Hirnbrüche) aufträten. Das Gehirn sei in diesen Fällen umgestaltet und nicht mehr tauglich, bestimmungsgemäße Funktionen auszuüben, wodurch den Tieren Leiden und Schmerzen zugefügt würden.
Gegen das Zuchtverbot hatte der Kläger zunächst beim Verwaltungsgericht Gießen Klage erhoben, die dort mit Urteil vom 26. September 2005 abgewiesen wurde. Die Berufung des Klägers gegen diese Entscheidung blieb zunächst auch vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof ohne Erfolg[1]. Ebenso wie das Verwaltungsgericht Gießen vertrat auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 5. Februar 2009 der Auffassung, insbesondere aufgrund eines neueren Gutachtens verstoße die Zucht von Landenten mit Federhaube gegen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes, da in einer signifikanten Anzahl von Fällen aufgrund von Mutationen des Gehirns Verhaltensstörungen bei den Tieren festgestellt worden seien, die teilweise bereits vor dem Schlüpfen aufträten und das Schlüpfen verhinderten oder später zu erheblichen Leiden führten.
Auf die zugelassene Revision hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig dieses Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs jedoch wieder aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen[2]. Dabei hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit den Anforderungen des § 11b Abs. 1 und 2 TSchG befasst und ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen nach seiner Auffassung „mit derartigen erblich bedingten Schäden gerechnet werden muss“. Dies sei dann der Fall, wenn es nach dem Stand der Wissenschaft überwiegend wahrscheinlich ist, dass solche Schäden signifikant häufiger auftreten, als es zufällig zu erwarten wäre. Eine naheliegende Möglichkeit, dass es zu derartigen Schäden kommen könne, wie sie der Hessische Verwaltungsgerichtshof im aufgehobenen Urteil gesehen und als ausreichend erachtet hat, genüge für ein Verbot nicht. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch müsse nicht bereits dann mit etwas gerechnet werden, wenn nur eine naheliegende Möglichkeit dafür bestehe, dass dies eintreten werde. Vielmehr bedürfe es hierfür eines höheren Maßes an Wahrscheinlichkeit.
Aufgrund dieser nunmehr verbindlichen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts sah sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof nicht mehr in der Lage, das ausgesprochene Verbot der Qualzüchtung zu bestätigen. Die Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung seien bereits im bisherigen Verfahren ausgeschöpft worden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse berechtigten nicht zu der Annahme, die beanstandete Züchtung sei mit der vom Bundesverwaltungsgericht geforderten überwiegenden Wahrscheinlichkeit mit schweren Schäden für die betroffenen Tiere verbunden. Die materielle Beweislast für diesen hohen Grad der Schadenswahrscheinlichkeit trage die handelnde Behörde, so dass der Klage gegen das ausgesprochene Zuchtverbot nunmehr stattzugeben sei.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 20. Januar 2011 – 8 A 167/10