Berufsfischern steht keine Klagebefugnis gegen die Genehmigung nach § 4 BImSchG für einen Offshore-Windpark in der Nordsee innerhalb der 12-Seemeilen-Zone zu. Auf besondere Fischereirechte können sie sich nicht berufen.

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den angegriffenen Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Dafür reicht die schlichte Behauptung einer Rechtsverletzung nicht aus, vielmehr muss eine Rechtsverletzung in dem Sinne möglich sein, dass zum einen eine subjektive Rechte begründende Norm vorhanden ist und zum anderen jeweils nach dem Vortrag des Klägers zumindest die Möglichkeit besteht, dass seine durch diese Norm geschützten Rechte verletzt sein könnten. Die Klage ist danach nur dann unzulässig, wenn eine Rechtsverletzung des Klägers offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unmöglich erscheint[1]. Das ist hier der Fall.
Bei der hier erhobenen Drittanfechtungsklage hängt die Klagebefugnis der Kläger, die nicht Adressaten des Verwaltungsaktes sind, im Sinne der so genannten Schutznormtheorie davon ab, ob die Möglichkeit einer Verletzung von Rechtsnormen besteht, die ausschließlich oder zumindest neben dem mit ihnen verfolgten allgemeinen Interesse auch dem Schutz von Individualinteressen der Kläger zu dienen bestimmt sind[2]. Die mögliche Verletzung einer solchen Rechtsnorm ist hier nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan.
Die Kläger als Berufsfischer können eine im Rahmen von §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 BImSchG zu berücksichtigende Gefahr, einen erheblichen Nachteil oder eine erhebliche Belästigung weder aus einem Fischereirecht noch aus einer möglichen Verletzung eigener Grundrechte herleiten.
Auf eine Verletzung einer einfachgesetzlichen Norm können sich die Kläger nicht berufen. Das Fischereirecht vermittelt den Klägern keine Klagebefugnis.
In den Küstengewässern ist gemäß § 16 Abs. 1 Nds. FischG der Fischfang frei. Dieser unterfällt damit dem Gemeingebrauch, auf dessen Aufrechterhaltung kein Anspruch besteht und mit dem besondere Nutzungsrechte nicht verbunden sind[3]. Im Übrigen wird selbst der Gemeingebrauch durch die der Beigeladenen erteilte Genehmigung nicht entzogen, sondern der O.-Windpark N. hat lediglich in tatsächlicher Hinsicht zur Folge, dass eine Fläche von maximal 8,5 km² einschließlich einer Sicherheitszone um die äußeren Windenergieanlagen für die Ausübung der Fischerei nicht mehr zur Verfügung steht.
Auch aus den §§ 2, 3 Seefischereigesetz können die Kläger kein subjektives Recht herleiten. Es kann daher dahinstehen, ob die Kläger überhaupt Inhaber von eigenständigen Fischereirechten bzw. Erlaubnissen nach dem Seefischereigesetz sind, was nicht vorgetragen ist. Sofern ein solches Recht bestünde, würde es nämlich durch die der Beigeladenen erteilte Genehmigung nicht verletzt. Denn die o.g. Bestimmungen ermöglichen öffentlich-rechtliche Beschränkungen der Seefischerei und dienen dem Interesse der Allgemeinheit an einer Begrenzung des Fischfangs, ohne aber den Klägern private Aneignungsrechte einzuräumen[4]. Ein mögliches Fischereirecht in der Nordsee umfasst nämlich nicht den Anspruch auf einen bestimmten Fanggrund oder einen Fischreichtum[5]. Den Klägern steht keinerlei Rechtsposition dahingehend zu, dass ihnen die bisher befischbaren Flächen der 12-Seemeilen-Zone weiterhin uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssten.
Eine Klagebefugnis scheidet auch auf der Grundlage von § 3 Satz 1 der Seeanlagenverordnung (SeeAnlV) vom 23. Januar 1997 in der seit dem 26. Juli 2008 gültigen Fassung aus, da diese für den Bereich der 12-Seemeilen-Zone gemäß § 1 SeeAnlV nicht anwendbar ist. Diese Norm gewährleistet überdies nicht den erforderlichen Drittschutz zu Gunsten der Kläger. Die durch diese Verordnung geschützten zentralen Güter wie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie der Meeresumwelt dienen dem Schutz der Allgemeinheit, ohne dass diese Vorschrift für einen bestimmten Personenkreis individualisierbar wäre[6].
Die erforderliche Klagebefugnis ergibt sich für die Kläger auch nicht aus dem möglicherweise von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der diesbezügliche Vortrag der Kläger, wonach sich im Gebiet der N. wichtige und ergiebige Fanggründe befänden, führt nicht dazu, eine mögliche Verletzung einer von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten eigentumsrechtlichen Position annehmen zu können.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, gehören Fanggründe und der dortige Fischreichtum nicht in der Weise zu dem durch Art. 14 GG geschützten Eigentum, das ihre bloße, ggf. schwere, Beeinträchtigung schon einen Eingriff in den Gewerbebetrieb darstellen würde. Vermittelt werden durch die Fanggründe lediglich bloße Erwerbsmöglichkeiten oder Chancen, die eigentumsrechtlich aber nicht gesichert sind. Rechtsschutz setzt erst dort ein, wo eine gesetz- und rechtswidrige Entziehung dieser Chancen zur Folge hätte, dass der Gewerbebetrieb des Betroffenen schwer und unerträglich getroffen oder der Bestand seines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ernsthaft in Frage gestellt würde[7]. Ein die Existenz des Gewerbebetriebes gefährdender Eingriff liegt erst dann vor, wenn absehbar ist, dass die Fischereierträge in Folge der Errichtung des Windparks in einer die Fortführung seines Gewerbebetriebes gefährdenden Weise zurückgegangen sind und überdies auch ein Ausweichen in andere Seegebiete nicht möglich ist, weil der Aktionsradios des Schiffes begrenzt und die Fangplätze wegen ihrer natürlichen Bedingungen ortsgebunden sind[8].
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe genügt das Vorbringen der Kläger den aufgezeigten Anforderungen nicht. Der Hinweis, alle Kläger würden zwischen 20 % und 40 % ihrer Gesamtjahresfangmenge im Bereich des geplanten Windparks erwirtschaften, genügt in dieser Pauschalität nicht, einen schweren und unerträglichen Eingriff glaubhaft zu machen. Die vorgetragenen Bedenken dahingehend, dass das Fanggebiet im Bereich der N. durch die Errichtung der Windenergienanlagen verloren geht bzw. stark eingeschränkt ist, mögen nachvollziehbar erscheinen; die behaupteten wirtschaftlichen Konsequenzen sind von den Klägern jedoch nicht schlüssig anhand von Zahlen und Fakten aufgezeigt worden. Zwar legten die Kläger im Widerspruchsverfahren teilweise Listen mit den Fangerlösen aus dem Bereich N. vor. Allerdings ist nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die bisher in diesem Bereich erwirtschaftete Fangmenge nicht alternativ in einem Ausweichbereich erzielt werden kann. Zwar tragen die Kläger vor, lediglich im Bereich einer Tagesfahrt vom Heimathafen aus fischen zu können. Da die Kläger aber auch bislang (ihre Angaben unterstellt) maximal knapp 40 % ihrer Gesamtjahresfangmenge im Bereich der N. erzielten – also den zumeist überwiegenden Anteil anderswo erwirtschafteten – , scheint es nicht ausgeschlossen, dass sie nunmehr auch den übrigen Anteil in Ausweichfangquartieren erreichen können. Der Fangerfolg ist gerade nicht ortsgebunden. Vielmehr trug der Prozessbevollmächtigte der Kläger im Parallelverfahren 5 A 254/09 vor, aufgrund der Variabilität der Bioproduktion und des Wanderungsverhaltens der Fisch- und Krustentiere (auch in dem Parallelverfahren gehen die Kläger der Plattfisch- und Speisekrabbenfischerei nach) lasse sich eine Wertminderung für die klägerischen Betriebe (dort bezogen auf den O.-Windpark R. vor B.) nicht greifen. Daraus folgt, dass zumindest ein Teil der Fangverluste an anderer Stelle ausgeglichen werden kann. Eventuell durch den Windpark verursachte verlängerte Anfahrtswege oder ein erhöhter Konkurrenzdruck auf den verbleibenden Flächen sind dabei ohne Weiteres hinzunehmen[9]. Unter Zugrundelegung des zur Verfügung stehenden Kartenmaterials erschließt sich dem Gericht im Übrigen nicht, warum ein Ausweichen in andere Fanggründe, etwa in Richtung der benachbarten Inseln, nun möglich sein sollte. Nicht in die Berechnungen der Kläger einbezogen wurde auch die Tatsache, dass der behauptete Verlust an Fängen wie dargestellt zumindest teilweise durch Fänge in Ausweichgebieten ausgeglichen werden kann, die die Kläger statt des Windparkgebiets aufsuchen könnten, so dass der befürchtete Verlust von 20 – 40 % in jedem Fall reduziert deutlich werden kann.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die aufgezeigte angebliche 20-40%ige Einbuße nach Auffassung der Kammer äußerst hoch gegriffen und unwahrscheinlich ist. Denn in der Landesplanerischen Feststellung vom 12. Dezember 2003 wird auf auf ein Gutachten zur Betroffenheit der Krabbenfischerei, das weitgehend auf den Angaben der Krabbenfischer beruht, Bezug genommen. Danach müsse die niedersächsische Krabbenfischerei mit einer Fangeinbuße von 2,6 % rechnen, wobei der am stärksten betroffenen Hafen W. mit rund 14 % Fangausfall sei. Zu berücksichtigen sei jedoch auch die starke räumliche und zeitliche Variabilität des Krabbenfangs. Auch diese Feststellungen lassen darauf schließen, dass es sich bei den unsicheren Angaben der Kläger hinsichtlich der angeblichen Höhe der Einbußen nicht um nachprüfbare, objektive ermittelte und tatsächlich eintretende Verluste handelt, sondern bloße hypothetische Berechnungen, die in keiner Weise geeignet sind, einen existenzvernichtenden Eingriff glaubhaft zu machen. Die Kläger stützen sich daher lediglich auf die nicht von Art. 14 GG geschützten Gewinnaussichten und möglichen Erwerbschancen.
Das Argument der Kläger, im Bereich der von ihnen befischten Fanggründe seien Einschränkungen durch weitere bauliche Maßnahmen erfolgt und weitere würden etwa durch die erforderliche Kabeltrasse hinzukommen, muss außer Betracht bleiben, da hier im Rahmen der Drittanfechtungsklage nur das Vorhaben des Windparks zu betrachten ist. Eine fiktive kumulierte Zusammenzählung der Auswirkung aller vorhandenen Maßnahmen, um die Schwelle zu einem schweren und unerträglichen Eingriff zu überschreiten, ist nicht möglich. Die Kläger haben hinsichtlich ihrer Fischereibetriebe keinen Anspruch auf Schaffung oder Aufrechterhaltung ihnen günstiger Benutzungsverhältnisse[10] und müssen die erlaubte Benutzung des Meeres durch andere und rechtmäßiges Vorgehen Dritter hinnehmen, sofern dieses – hier durch den Betrieb des Windparks – den Gewerbebetrieb nicht ernsthaft in seinem Bestand gefährdet und dieser unerträglich getroffen würde. Für einen derartig intensiven Eingriff fehlt es hier indessen wie ausgeführt an hinreichenden Anhaltspunkten. Hinsichtlich der Kabeltrasse ist überdies soweit ersichtlich kein generelles Anker- und Befischungsverbot ausgesprochen.
Ob dem Landes-Raumordnungsprogramm hinsichtlich der Auswirkungen auf die Fischerei keine hinreichenden Abwägungen zugrunde liegen – wie die Kläger vortragen -, ist hier ohne Belang. Der Beklagte musste jedenfalls keine eigene Abwägung vornehmen, da – wie ausgeführt – die Genehmigungserteilung eine gebundene Entscheidung darstellt. Bei Bedenken gegen das Landes-Raumordnungsprogramm hätten die Kläger, wie bereits ausgeführt, rechtzeitig beispielsweise gegen die Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm vom 27. Juni 2006 vorgehen müssen. Möglich wäre auch die Anstrengung eines Normenkontrollverfahrens gegen die Änderungsverordnung vom 8. Mai 2008[11] gewesen.
Eine Klagebefugnis ergibt sich auch nicht aus der von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit. Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung lässt keine objektiv berufsregelende Tendenz erkennen[12]. Die mit der Genehmigung verbundene Einschränkung der Fanggründe im Bereich des Windparks kann allenfalls mittelbare Auswirkungen auf die fischereiliche Tätigkeit der Kläger haben, in dem sie ihnen einen Teil der Fanggründe entzieht. Fragen der Berufsregelung enthält diese jedoch offensichtlich nicht.
Verwaltungsgericht Oldenburg, Urteile vom 3. Juni 2009 – 5 A 346/09 und 5 A 254/09
- vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 – 3 C 3.89 – juris[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 1954 – I B 196.53 – juris; Nds. OVG, Urteil vom 8. März 2006 – 7 KS 146/02 – juris[↩]
- Nds. OVG, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 ME 13/03 – juris[↩]
- vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 ME 13/03 – juris sowie Nds. OVG, Beschluss vom 16. Februar 2005 – 7 ME 289/04 – NUR 2005, 604 ff.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1982 – 7 C 111.81 – juris; vgl. VG Greifswald, Beschluss vom 18. Oktober 2006 – 5 B 961/06 – V.n.b.[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 30. September 2004 – 1 Bf 162/04 – NUR 2005, 50 ff.; VG Hamburg, Urteil vom 25. März 2004 – 8 K 4795/03 – NUR 2004, 548 ff.[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1982 – 7 C 111.81 – juris; ebenso VG Hamburg, Urteil vom 25. März 2004 – 8 K 4795/03 – NUR 2004, 548 ff.[↩]
- vgl. BVerwG, a.a.O.; dem folgend VG Hamburg, Urteil vom 25. März 2004 – 8 K 4795/03 – NordÖR 2004, 248ff. und OVG Hamburg, Beschluss vom 30. September 2004 – 1 Bf 162/04 – a.a.O.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1966 – III ZR 110.64 – juris; ebenso VG Hamburg, Urteil vom 25. März 2004 – 8 K 4795/03 – NUR 2004, 548 ff.[↩]
- vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 23. Juni 2003 – 7 ME 13/03 – juris[↩]
- Nds. GVBl. Nr. 10 vom 22. Mai 2008[↩]
- ebenso VG Hamburg, Urteil vom 25. März 2004, 8 K 4795/03 – NordÖR 2004, 248 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 30. September 2004 – 1 Bf 162/04 – NUR 2005, 50 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 16. Februar 2005 – 7 ME 289/04 – a.a.O.[↩]