Ausgleichsabgabe für die nicht erfüllte Biokraftstoffquote – und die persönliche Haftung

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuerrechtlicher Vorschriften (Biokraftstoffquotengesetz) vom 18.12 2006 wurde die Mineralölwirtschaft ab dem 1. Januar 2007 ordnungsrechtlich verpflichtet, Otto- und Dieselkraftstoffen einen Mindestanteil an Biokraftstoffen beizumischen.

Ausgleichsabgabe für die nicht erfüllte Biokraftstoffquote – und die persönliche Haftung

Sofern die Verpflichteten den in § 37a Abs. 1 BImSchG festgelegten Pflichten nicht nachkommen, ist für die nach dem Energiegehalt berechnete Fehlmenge nach § 37c Abs. 2 Satz 1 BImSchG eine Ausgleichsabgabe festzusetzen.

Die an § 18 Abs. 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes angelehnte Sanktionsregelung soll nach der Gesetzesbegründung gewährleisten, dass es aus wirtschaftlicher Sicht für die Quotenverpflichteten günstiger ist, die Quotenverpflichtung einzuhalten, als dagegen zu verstoßen, wobei die Höhe der Sanktion so festgesetzt wird, dass sie die Mehrkosten, die mit der Herstellung von Biokraftstoff im Vergleich zur Herstellung von Diesel- bzw. Ottokraftstoff verbunden sind, abdeckt[1]. Nach § 37c Abs. 5 Satz 1 BImSchG finden hinsichtlich der Absätze 1 bis 4 die für die Verbrauchsteuern geltenden Vorschriften der AO entsprechende Anwendung. Mitteilungen nach § 37c Abs. 1 und 4 BImSchG gelten als Steueranmeldungen im Sinne der Abgabenordnung (§ 37c Abs. 5 Satz 2 BImSchG).

Durch die Anordnung der sinngemäßen Anwendung der für Verbrauchsteuern geltenden Vorschriften der Abgabenordnung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Ausgleichsabgabe im Ergebnis sämtlichen Regelungen unterstellt werden soll, die auch für Verbrauchsteuern gelten. Obwohl sie den Charakter einer Sanktion hat, soll die Ausgleichsabgabe wie eine Steuer behandelt werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber nicht angeordnet. Lediglich hinsichtlich der Festsetzungsverjährung hat er den Hinweis für erforderlich erachtet, dass § 170 Abs. 2 Satz 1 AO -der grundsätzlich nicht für Verbrauchsteuern gilt- wie bei der Energiesteuer auf Erdgas und bei der Stromsteuer Anwendung findet.

Da sich den Regelungen in § 37c Abs. 5 BImSchG Einschränkungen nicht entnehmen lassen, finden auf die Ausgleichsabgabe auch die haftungsrechtlichen Vorschriften der Abgabenordnung (insbesondere §§ 69 ff., §§ 191 und 219 AO) Anwendung, deren Geltung für die Verbrauchsteuern außer Frage steht[2].

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Gesetzgeber in § 62 Abs. 1 Nr. 9 und 10 BImSchG besondere Ordnungswidrigkeitstatbestände für die Fälle einer unvollständigen, nicht rechtzeitigen oder unterlassenen Mitteilung von geforderten Angaben festgelegt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es herkömmlicher Gesetzgebungspraxis entspricht, in den einzelnen Verbrauchsteuergesetzen selbst Bußgeldvorschriften aufzunehmen (vgl. § 64 EnergieStG) und dass § 381 AO nur dann Anwendung finden kann, wenn in den einzelnen Verbrauchsteuergesetzen ausdrücklich für einen bestimmten Tatbestand auf diese Vorschrift verwiesen wird (vgl. § 30 des BierStG und § 158 des Gesetzes über das Branntweinmonopol). Daher kann der Beschwerde nicht darin gefolgt werden, dass die Regelungen in § 62 BImSchG überflüssig und sinnlos wären, wenn § 37c Abs. 5 BImSchG ein umfassender Verweis auf die für Verbrauchsteuern geltenden Vorschriften der AO entnommen werden könnte.

Dem zu § 37c Abs. 5 BImSchG gefundenen Auslegungsergebnis steht die Entscheidung des Bundesfinanzhofs in BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119 nicht entgegen, vielmehr wird es durch dieses Urteil gestützt. Aufgrund der in § 7 Abs. 1 Satz 1 des Investitionszulagengesetzes 1993 enthaltenen (allgemeinen) Verweisung, nach der die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden sind, hat der BFH geschlossen, dass auch die Haftungsvorschriften der §§ 69 ff. AO auf die Investitionszulage entsprechend anwendbar sind. Lediglich für die Fälle des Betrugs bzw. Subventionsbetrugs durch das Erschleichen einer Investitionszulage hat er § 71 AO, der sich nach seinem Wortlaut lediglich auf Fälle von Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei bezieht, nicht für sinngemäß anwendbar erachtet. Eine vergleichbare Problemstellung ergibt sich jedoch bei den Tatbestandsmerkmalen des § 69 AO nicht. Wie das Finanzgericht ausgeführt hat, hat der Antragsteller seine steuerlichen Pflichten dadurch schuldhaft verletzt, dass er die Abgabe einer Steueranmeldung, die Entrichtung des danach geschuldeten Abgabenbetrags und das Bereithalten von finanziellen Mitteln unterließ. Diese Pflichtverletzungen werden nach ständiger BFH-Rechtsprechung vom Anwendungsbereich des § 69 AO erfasst.

Auch eine Verfassungswidrigkeit der in § 37c BImSchG festgelegten Ausgleichsabgabe wegen einer vermeintlich erdrosselnden Wirkung verneint der Bundesfinanzhof:

Die Ausgleichsabgabe bezieht sich auf die Gesamtmenge des durch den Verpflichteten in Verkehr gebrachten Kraftstoffs. Hieraus folgte im vorliegenden Fall eine zusätzliche Belastung in Höhe von ca. 4 Cent pro Liter in den Verkehr gebrachten Dieselkraftstoff – bei einem Preisunterschied zwischen einem Liter Diesel und einem Liter Biodiesel von ca.20 Cent. Bei diesem Befund erweist sich die Abgabenbelastung nicht als unverhältnismäßig.

Im Übrigen stellt die Erhebung der Ausgleichsabgabe auch in einer zutreffend berechneten Belastungshöhe keinen Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit dar. Abgabenrechtliche Vorschriften sind an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, wenn sie in engem Zusammenhang zur Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen. Deshalb können sie Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich auch dann berühren, wenn sie nicht unmittelbar auf die Berufsfreiheit abzielen, sondern nur in ihrer tatsächlichen Auswirkung geeignet sind, diese zu beeinträchtigen[3]. Zwar steht die Erhebung der Ausgleichsabgabe in einem gewissen Zusammenhang mit der Berufsausübung desjenigen, der Kraftstoffe vertreibt, doch beschränkt § 37c BImSchG nicht unmittelbar die Aufnahme und Ausübung dieser Tätigkeit. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Erhebung der Ausgleichsabgabe und ihre Belastungswirkung die Aufgabe der Berufstätigkeit als einzig wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung nahelegen würde, zumal der nach § 37a Abs. 1 Satz 1 BImSchG Verpflichtete seine Inanspruchnahme dadurch vermeiden kann, dass er reine Biokraftstoffe in den Verkehr bringt oder die Verpflichtung auf einen Dritten überträgt. Aber selbst wenn der vom Gesetzgeber angeordnete Beimischungszwang eine berufsausübungsregelnde Tendenz haben sollte, wäre eine solche Einschränkung der von Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit durch Belange des Allgemeinwohls legitimiert. Nach der Intention des Gesetzgebers dient die Förderung von Biokraftstoffen vor dem Hintergrund der Erschöpfung fossiler Brennstoffe der Ressourcenschonung und im Hinblick auf die CO2-Bilanz von Biokraftstoffen dem Umweltschutz[4].

Auch der Schutzbereich des Art. 14 GG, der das Ergebnis einer beruflichen Betätigung schützt, wird durch die Erhebung der Ausgleichsabgabe grundsätzlich nicht betroffen. Die Pflicht zur Entrichtung der Abgabe trifft den Verpflichteten in seiner Eigenschaft als Unternehmer, nicht in seiner Eigenschaft als Eigentümer eines Unternehmens. Die Ausübung von Eigentümerbefugnissen wird von § 37c BImSchG nicht geregelt. Ein direkter Zugriff auf das sachliche Substrat des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs findet somit nicht statt[5]. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Ausgleichsabgabe eine erdrosselnde Wirkung entfaltet und sich daher als übermäßig erweist[6].

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 2. November 2015 – VII B 68/15

  1. BT-Drs. 16/2709, S. 23[]
  2. vgl. zur Haftung nach § 69 AO für entstandene Mineralölsteuer: BFH, Entscheidungen vom 18.05.1993 – VII B 228/92, BFH/NV 1994, 128; und vom 20.10.1987 – VII R 6/84, BFH/NV 1988, 428[]
  3. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1989 – 1 BvR 1402/87, 1528/87, BVerfGE 81, 108[]
  4. BFH Entscheidung vom 07.07.2015 – VII R 64/13, ZfZ 2015, 271[]
  5. vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.03.1971 – 1 BvR 52/66, 665/66, 667/66, 754/66, BVerfGE 30, 292, 335, zur Erdölbevorratungsabgabe[]
  6. vgl. zum Übermaßverbot Entscheidung des BVerfG vom 18.01.2006 – 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97[]