Keine Haftungsbeschränkung bei Gewässerverunreinigungen

Schiffseigner haften bei einem Unfall ihres Schiffes für Kosten eines Feuerwehreinsatzes. So muss die Eignerin eines in den Niederlanden zugelassenen Motortankschiffs den Städten Gernsheim, Groß-Gerau und Riedstadt Kosten in Höhe knapp 70.000 € erstatten, die für den Einsatz ihrer Freiwilligen Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks und weiterer Hilfsorganisationen anlässlich eines Unfalls im Gernsheimer Rheinhafen am 31. August und 1. September 2004 angefallen sind.

Keine Haftungsbeschränkung bei Gewässerverunreinigungen

Zu diesem Einsatz der Hilfsorganisationen, der nun wegen der Kosten den Hessischen Verwaltungsgerichtshof beschäftigte, war es gekommen, nachdem der Steuermann des im Hafen liegenden Schiffes während des Löschens der Ladung – rund 650 Tonnen als hochentzündlich und wassergefährdend eingestuftes, bei Einatmen und Hautberührung gesundheitsschädliches Xylol – im Steuerhaus versehentlich den Fahrhebel bewegt und dadurch die Schiffsmaschine auf „volle Fahrt voraus“ eingekuppelt hatte. Dadurch hatte sich das Schiff vom Ufer wegbewegt und die landseitige Löscheinrichtung aus ihrer Verankerung gerissen. Am landseitigen Ende des Löschrohrs war ein kleines Leck entstanden, aus dem bis zum Eintreffen der Feuerwehr wenige Liter Xylol auf den Boden der Uferbefestigung getropft waren, was dann durch Aufstellen von Leckwannen unterbunden wurde. In das Hafenbecken war entgegen ersten Befürchtungen der Einsatzleitung kein Xylol gelangt. Der Einsatz der Rettungskräfte dauerte insgesamt zwölf Stunden. Während dieser Zeit wurden Messungen durchgeführt, die umgestürzte Löscheinrichtung durch eine vom Technischen Hilfswerk angefertigte Holzkonstruktion und einen Kran stabilisiert sowie das Löschrohr durch Zurückpumpen des Inhalts in das Tankschiff entleert. Die Arbeiten wurden großenteils von Feuerwehrleuten in den für solche Fälle vorgeschriebenen Chemieschutzanzügen unter Atemschutz verrichtet, was eine stetige Ablösung dieser Kräfte nach etwa zwanzig Minuten Einsatz erforderlich machte. Insgesamt waren in ständigem Wechsel insgesamt mehr als 200 Personen vor Ort.

Die Schiffseignerin sah den Einsatz der Rettungskräfte als in diesem Umfang nicht erforderlich an, weil keine konkrete Gefahr einer Gewässerverschmutzung oder eines Brandes bestanden habe. Außerdem berief sie sich darauf, dass ihre Haftung auch für die Kosten des Feuerwehreinsatzes nach dem Binnenschifffahrtsgesetz auf eine bestimmte Quote aus einem von ihr zur Schadensregulierung bereitgestellten Fonds beschränkt sei. In beiden Punkten folgte der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der Schiffseignerin nicht, sondern bestätigte das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt. Aus der damaligen Sicht der Einsatzleitung habe durchaus Anlass bestanden, von einer bereits eingetretenen Gewässerverunreinigung und einer weiteren akuten Gefährdung des Gewässers auszugehen. Im Übrigen habe der Gesetzgeber Schäden durch Gewässerverunreinigungen ebenso wie Aufwendungen zu ihrer Vermeidung ausdrücklich von der Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung ausgenommen.

Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 26. November 2010 – 8 A 3077/09